"Überhaupt ist die Gegend ums Internat sehr schön", meinte ich

"Das Internatsleben ist aber eigentlich am allerschönsten", lächelte ich zurück.

"Wobei ich auch meine eigene Wohnung genieße", mente ich. Wir bogen auf den Weg zum Strand ab.

"Ich habe schon ein wenig Bammel davor, das Internat zu verlassen", meinte ich, "Es gibt einem so viel Sicherheit, diese Tagesordnung und wenn man ein Problem hat, kann man immer zu jemanden gehen."

"Das verstehe ich", sagte ich verständnisvoll, "Aber noch hast du zwei Jahre. Genieße die! Du findest auch danach wieder so eine Heimat"

"Und wie", nickte ich, "ich werde die beiden Jahre in vollen Zügen genießen. Schon wegen Julie."

"Du hast sie wirklich lieb ge...", begann ich. In diesem Moment schoss ein Hund aus dem Gebüsch, ein Halter war nicht zu sehen. Als er die Pferde erblickte bellte er diese von der Seite an. Pfeffer sprang zunächst erschrocken zur Seite, wobei er gegen Julie prallte und meinen Fuß einklemmte. Mir schoßen die Tränen in die Augen vor Schmerz, zudem hatte ich leicht den Halt verloren. Pfeffer jedoch schoss sofort buckelnd nach vorne.

Julie hatte sich durch den Hund anfangs nur leicht erschreckt, denn sie hatte den Kopf nur hoch genommen und die Ohren gespitzt. Als Pfeffer allerdings gegen ihr Hinterteil prallte, sprang sie zur Seite. Aus Angst vor einem Sturz krallte ich mich in Julies Mähne, mein Sitz verrutschte aber gewaltig. "Halt", fiel mir mein mittlerweile automatisiertes Codewort ein. Julie blieb stehen, röchelte aber seltsam, dennoch lobte ich sie. Mir fiel ein, nun freiwillig abzusteigen, falls es sich Julie anders überlegen würde. Als ich neben ihr stand, streichelte ich die Stute und blickte nach vorne. Was war mit Jaline?

Ich merkte, dass der Hund uns anfangs folgte, was Pfeffers Angst nicht gerade besser machte. Dieser begann nun auch noch zu buckeln, wodurch ich den Halt vollends verlor. Ich prallte auf die linke Seite, wobei ich mir ein "Au" entfuhr, denn es traf mein vorher eingeklemmtes Bein. Der Hund verschwand nun ins Gebüsch, Pfeffer rannte noch ein Stück weiter, was ich aber in dem Moment gar nicht so genau mitbekam.

Jaline war nicht weit von mir entfernt gestürzt, ich hörte ihren Schmerzenslaut deutlich, auch, wenn er nicht gellend durch den Wald hallte. Ich raufte mir die Haare. Was nun? Was, wenn ich jetzt, im entscheidenden Moment, etwas falsch machte? Ich musste zu Jaline, also ging ich los. Julie folgte mir brav, wieherte aber schrill, was mich total erschreckte. Sie machte aber keine Anstalten, loszurennen. "Jaline", sprach ich meine Freundin schon aus ein paar Meter Entfernung an und näherte mich nun ganz.

Als Jacqui mich ansprach, wurde mir Pfeffer wieder bewusst. Vorsichtig versuchte ich mich soweit aufzurichten, dass ich in die Richtung sehen konnte. "Such Pfeffer! Siehst du ihn?"", brachte ich panisch hervor. Ich konnte das Pony nicht sehen, allerdings kam vorne eine Biegung

Sie lebte. Das erleichterte mich schon und als meine Freundin sich aufsetzte, um noch einiges mehr. Aber sie stand nicht auf. "Was ist mit dir, Jaline?", erwiderte ich erst, ebenfalls panisch, sah mich dann aber um, "Nein, ich sehe ihn nicht." Julie riss den Kopf hoch und gab wieder das angsteinflößende Wiehern von sich. Ich hatte ihr dabei sicher schmerzhaft mit dem Gebiss ins Maul gezogen, schließlich hielt ich die Stute am Zügel.

Als Jacqueline fragte, wurde ich mir das Pochens in meinem Knöchel bewusst. Dennoch wollte ich es so gut es ging ignorieren. "Wir müssen Pfeffer finden", sagte ich entschlossen. Aufstehen ging noch, als ich aber versuchte aufzutreten, schwand mein Entschluss. Mein Arm hatte ein paar Schürfwunden abbekommen und sicher würde ich blaue Flecken davontragen. Auf Julies Wiehern jedoch hörte ich nun Pfeffers

"Jaline, bleib sitzen!", forderte ich energisch, "nicht, dass du noch umkippst." Julie wieherte noch einmal, allerdings nicht mehr so laut und schrill. "Jetzt seh ich Pfeffer", erklärte ich wahrheitsgemäß, denn der Wallach kam aus dem Gebüsch getrabt. Der Zügel hing zerrissen herunter.

"Kannst du ihn holen", fragte ich zitternd. Ich hatte Angst um mein Pony und nun setzte der Schock vom Sturz nach. Ich blieb stehen, auf dem unverletzten Bein und blickte in Richtung Pfeffer.

"Ich hoffe", meinte ich angespannt, "Aber bitte setz dich hin. So kann ich dich unmöglich alleine lassen. Wenn du jetzt umfällst..." Pfeffer wurde langsamer und war nun im Schritt.

Ich setzte mich schließlich hin. "Hol ihn bitte", flehte ich, "Nicht dass ihm etwas passiert"

Ich wusste zwar nicht, was ihm jetzt passieren sollte, aber ich ging mit Julie am Zügel los. Erst hatte ich kurz überlegt, Jaline den Zügel zu übergeben, aber was, wenn sich Julie losreißen würde? Dann würde sich Jaline noch schwerer verletzen. Ich hoffte, dass Pfeffer sich auch so einfangen ließ, was der Fall war. Er kam sogar auf uns zu und schubberte seinen Kopf an Julies Hals. In diesem Moment packte ich ein Zügelende, koordinierte die Pferde und führte sie zu Jaline zurück.

"Pfeffer", murmelte ich leise als Jacqui mit den Pferden zurückkam, "Ist dir etwas passiert, mein Guter?" Ich entdeckte ein paar Schrammen, die er sich vermutlich zugezogen hatte, als er durchs Gebüsch war. Schließlich fiel mir Jacqueline ein. "Bei euch ist alles okay oder? Auch bei Julie? Pfeffer hat sie angerempelt", fragte ich nach. In der Zwischenzeit merkte ich, dass mein Knöcheln anschwoll, weshalb ich mich am Stiefel zu schaffen machte, um ihn auszuziehen

"Ja", nickte ich tapfer und biss die Zähne zusammen, "Ich rufe Hilfe für dich, ok?" Ich kramte in Julies Satteltasche nach meinem Handy.

"Ja", nickte ich, "Ich denke aufs Pferd schaffe ich es nicht mehr" Ich lächelte. "Ich kann aufstehen und Pfeffer halten, wenn das hilft" Dieser wirkte inzwischen wieder entspannter.

"Bleib nur, das geht schon", meinte ich verbissen. Ich hielt Pfeffers Zügelende in der Hand, Julies Zügel hing auf meinem Arm, so hatte ich eine Hand frei, um das Handy zu bedienen und um zu telefonieren. Ich wählte die Nummer vom Internat an. Herr Meier ging ans Telefon. Ich war schon so erleichtert, seine Stimme zu hören, dass ich erst etwas wirr sprach, dann aber den Sachverhalt schildern konnte. Er versprach, so schnell wie möglich mit Auto und Hänger zu kommen. In der Nähe des Sees konnte er wohl gut stehen lassen und herfahren, da dieser Ort nicht nur am Reitweg erreichbar ist. Ich bedankte und verabschiedete mich. "Er kommt mit dem Hänger", erklärte ich Jaline, "Herr Meier." Ich packte das Mobiltelefon wieder weg.

"Jetzt hab ich uns den Ausritt versaut", meinte ich etwas betrübt. Ich betrachtete Pfeffer und auch Julie genau, um möglicherweise eine Verletzung zu entdecken.

"Ich binde die Pferde an", erklärte ich. Wir waren in der Nähe vom See und hier gab es mehrere Anbindebalken. Ich entfernte mich bis zum nächsten Balken und band erst Pfeffer und dann Julie an. Die Pferde waren dabei glücklicherweise brav und ich fand sogar Pfeffers Halfter in der Satteltasche von Jaline relativ schnell. Ich hätte den Pferden gerne etwas zum Trinken gegeben, aber hier gab es keinen Brunnen. Der nächste war zwar auch keine Meilen entfernt, aber Jaline konnte ich schließlich auch nicht so lange alleine lassen. So nahm ich zwei Wasserflaschen und kehrte zu Jaline zurück. "Hier", bot ich ihr das Wasser an und setzte mich neben sie.

Ich blickte Jacqui nach, als sie mit den Pferden wegging. Ein wenig froh, war ich schon, als sie wieder kam. Ich war ein Stück an den Wegrand gerutscht, falls weitere Reiter vorbeikommen würden."Danke", bedankte ich mich, als sie mir die Flasche Wasser reichte. "Und bei euch ist wirklich alles okay?"