"Das nächste Mal bestehe ich darauf, dass du ein Pony reitest", meinte ich lachend, als Pfeffer endlich wieder bei Anja war.

"Da kann ich dann mit den Beinen selbst mitlaufen", erwiderte ich grinsend, "Aber ich finde, die gute macht das ganz toll."

"Hm springt dann Julie über die Hindernisse oder du, wenn du sie reitest?", fragte ich lachend

"Ihr wäre es wohl lieber, ich würde springen", lachte ich, "Ich denke mir oft, die Gute springt bei Jacqueline viel braver als bei mir. Auch am Reitplatz habe ich definitiv mehr Probleme mit Julie als Jacqueline. Die beiden mögen sich einfach. Die sind so ein Traumpaar wie Pfeffer und du." Ich ließ Anja kurz wieder etwas schneller werden, fing das Tempo aber gleich wieder ein.

Ich errötete, als ich das Kompliment hörte. "Danke", sagte ich ehrlich, "Es bedeutet mir viel, das von jemanden wie dir zu hören. Du hast ja doch einiges an Erfahrung mit Pferden und Reitern."

"Und ich meine das, was ich sage, ernst", entgegnete ich und blickte kurz zu Jaline, "Oh ja, das kannst du laut sagen. Und ich sage dir, das A und O ist die Beziehung. Wenn die Leute eine gute Beziehung zu dem Pferd haben, geht alles gleich viel leichter."

"Allerdings gilt das doch eigentlich in fast allen Bereichen des Lebens?", unterbrach ich einen eventuell beginnenden Vortrag schmunzelnd.

"Ja, vielleicht." Ich seufzte. "Deshalb sind John und ich ja auch nicht im Streit auseinander gegangen", erklärte ich.

"Kommt ihr den gut damit klar?", fragte ich, "Ich meine, sich aus dem Weg zu gehen wird schwierig"

"Wir gehen uns nicht aus dem Weg", erklärte ich, "Ich helfe weiterhin genauso viel im Stall wie zuvor, aber gut, da geht es schließlich auch um die Pferde. Aber auch sonst, das Schulische reden wir uns ganz normal aus. Seit der Trennung wollte John aber leider keine Reitstunde mehr. Ich hoffe, das kommt noch. Ich würde ihm sofort eine geben, wenn ich könnte und falls ich Zeit hätte. Er ist zwar kein talentierter Reiter, aber er mag Pferde." Ich seufzte und streichelte Anja kurz. "Wobei wir wieder beim Thema wären", fuhr ich fort, um mich abzulenken, "Es ist schwierig, Schüler zu unterrichten, die Pferde nur als Sportgerät sehen. Das können zwar talentierte, gute Reiter sein, aber da fehlt einfach das Gespür und mit solchen Leuten muss ich dann auch irgendwie fertig werden. Erst neulich meinte eine Schülerin: 'Voll cool, dass die Schüler aus den höheren Klassen ihre Pferde gesattelt für den Unterricht von den Stallburschen hingestellt bekommen.' Na, der habe ich was erzählt! Diese Äußerung solle sie mal dem Rektor gegenüber äußern, dann würde sie durch eine einmonatige, verpflichtende Mithilfe im Stall lernen, was Stallburschen sind und die Hausordnung noch dazu. Sie meinte, ihre Eltern zahlen doch nicht, damit sie hier Stall ausmisten müsse. Am liebsten hätte ich ihr direkt eine Forke in die Hand gedrückt!"

Ein wenig musste ich ja doch grinsen, als Anna zu ihrem Vortrag ansetzte, ich stimmte ihr jedoch zu. "Aber", meinte ich, "Solche Schüler würdest du vermutlich auch haben, wenn du nicht am Internat arbeiten würdest. Die gibt es doch leider überall. Hast du eigentlich zuhause auch schon unterrichtet?" Pfeffer unter mir ging ein mittelschneller Tempo, so dass er mit der größeren Stute mithalten konnte.

"Ja, die gibt es überall", erklärte ich, "aber bei uns gab's solche Schüler nie lange. Die verschwanden irgendwann freiwillig. Ja, ich habe auch schon zuhause unterrichtet. Ich habe ja die Ausbildung zum Pferdewirt gemacht und während dieser Zeit habe ich auch schon unterrichtet."

"Ich glaube aber auch, dass diese Art von Schülern, nicht auf Dauer hierbleiben wird. Schließlich hat man auf dem agnezn Internat kein Luxusleben geboten", meinte ich lächelnd.

"Das entscheiden aber nicht die unmotivierten Schüler, sondern die äußerst übermotivierten Eltern", erklärte ich, "Ich musste schon öfters den Eltern erklären, warum ihr Kind bei den ach so seltenen Turnieren nicht wenigstens erster geworden ist. Oder warum ihr ach so tolles Kind mit schon fünfjähriger Reiterfahrung nicht ausreiten dürfe. Dann erklär diesen Eltern mal, dass fünf Jahre lang einmal im Jahr für eine Woche Urlaub am Reiterhof keine fünfjährige Reitererfahrung ausmacht. Wieder traben?"

"Wobei die Kinder sowas doch sicher oft von den Eltern lernen, oder nicht?", warf ich ein. Dem Traben stimmte ich zu und fügte scherzend an: "Sollen wir einen Treffpunkt ausmachen, an dem ihr auf uns wartet?"

"Wie meinst du das?", wollte ich irritiert wissen, "Logisch, wer zuerst im Meer ist." Ich grinste Jaline zu und ließ Anja betont langsam antraben. Die Stute spitzte die Ohren.

Ich antwortete erst als Pfeffer ordentlich trabte und Schritt halten konnte: "Ich denke, dass die verwöhnten Kinder nicht ohne Grund verwöhnt sind"

"Das stimmt", nickte ich bekräftigend, "Ich habe dir ja die Geschichte von dem einen Schüler erzählt, der sein Pferd einmal im Reitunterricht über Sprünge gejagt hat, die eine Höhe hatten, die er kaum schaffen konnte. Ich sag's dir: Wenn ich daran denke, was da passieren hätte können, wird mir heute noch übel. Er wollte vor seinen Klassenkolleginnen angeben. Naja, der Schuss ging sowieso nach hinten los, aber von dem die Eltern glauben auch, das er der größte auf der ganzen Welt sei und ich bin natürlich schuld, wenn er nicht sämtliche Turniere gewinnt beziehungsweise habe ich ihm ein schlechtes Pferd zugeteilt. Hach, ich freue mich schon auf den Galopp."

"Dem gegenüber stehen aber die vielen Schüler und Eltern, die finden, dass du gute Arbeit leistest! Und auf den Galopp feue ich mcih auch sehr. Es gibt kaum ein schöneres Gefühl als am Meer entlang zu galoppieren", meinte ich lächelnd.

"Wie schon gesagt", meinte ich, "Am Internat ist es anders wie früher. Da bin ich für viele mehr Lehrerin als Reitlehrerin, aber du hast schon recht. Ich freue mich vor allem, wenn Schüler von sich aus auf mich zukommen, um sich einen Tipp einzuholen. Und wenn das Kollegen machen, bin ich sogar richtig stolz."

"Ich hoffe, dass ich später gut mit den Kindern klar komme", sprach ich meine Zweifel aus, was meine berufliche Zukunft angeht.

"Du machst das schon", meinte ich zuversichtlich, "Kinder lassen sich noch formen."

"Ja vermutlich hast du recht", sagt ich lächelnd.

"Aber Pferde sind umgänglicher", grinste ich, "Ich hab am Internat zwar auch meine Lieblinge, aber richtige Schwierigkeiten habe ich mit keinem Pferd."

Ich lachte: "Leider sitzen auf den Pferden, dann oft doch Menschen, um die du dich kümmern musst"