"Manche Schüler bedenken nicht", erzählte ich lachend, "dass das Pferd zwar keine Geheimnisse ausplaudert, die Boxen aber nicht schalldicht sind. Glaub mir, da bekommt man auch einiges mit."

"Aber Anna", meinte ich gespielt empört, "Belauscht du etwa deine Schüler?" Ich grinste

"Ich arbeite im Stall", entgegnete ich lachend, "zumindest ab und zu. Heinz und John wissen noch viel mehr als ich."

"Ihr habt also immer genug Tratsch für die Kaffeepause im Lehrerzimmer", grinste ich.

"Das haben Lehrer doch immer", erwiderte ich, "aber ich bin ja meistens in meinem eigenen Büro." Wir waren an der Stelle zum Aufsteigen angekommen. Ich schwang mich auf Anja. "Wohin soll's gehen?", wollte ich wissen.

Ich stieg nun ebenfalls auf. Pfeffer blieb ruhig stehen. "Uns ist alles recht. Und am Vormittag ist es sowieso immer ruhig. Wo reitest du am liebsten hin?", fragte ich.

"Das kommt drauf an, was ich machen will", lachte ich, "aber lass uns zum Strand reiten." Ich lenkte Anja auf den richtigen Weg, ließ die Zügel aber noch lang.

Ich hielt Pfeffer neben Anja. "Den Strand mögen wir am liebsten", meinte ich lächelnd.

"Anja gefällt er hoffentlich auch", entgegnete ich und strahlte, "Hast du Anja bei der Weihnachtsquadrille voriges Jahr gesehen?" Natürlich wusste ich noch allzu gut, dass Jaline bei der Weihnachtsfeier dabei war.

Ich dachte an die Weihnachtsfeier zurück, vor der ich so große Angst hatte und die am Ende doch zu einem Happy End geführt hatte. "Ich erinnere mich. Aber du wirst sicherlich verstehen, dass ich die meiste Zeit damit beschäftigt war, endlich Pfeffers Beistzerin zu werden", sagte ich lächelnd, "Wahnsinn, das ist noch kein Jahr her"

"Das kann ich verstehen", erzählte ich, "Weißt du, früher, als ich noch zuhause lebte, musste ich einige Pferde hergeben. Und bei manchen tat es mir auch echt leid." Ich seufzte, dann erzählte ich aber wieder von Anja: "Die hier..." Ich tätschelte der Stute den Hals. "... ist ja schon länger am Reitinternat als ich. Die hat eine lange Reise hinter sich, die gute. Kommt direkt aus Deutschland. Ihre Leistungen reichen für den großen Sport nicht, aber als Schulpferd sag ich dir, ist die Gold wert. Auf ihr solltest du mal reiten." Nachdenklich runzelte ich die Stirn: "Oder bist du schon mal auf ihr geritten?"

Ich schüttelte den Kopf. "Nein, Anja bin ich noch nicht geritten. Pferdetausch gab es bei Frau Heller in den Reitstunden nicht, von daher bin ich dort nur Pfeffer geritten", überlegte ich, "Und bei den Turnieren hab ich beim Caprilli einmal Sunshine und einmal Julie gehabt. Nun und dass ich Lotte geritten bin, weißt du ja" Ich lächelte. Pfeffer schritt brav unter mir. Er spitzte die Ohren, drehte aber eines immer wieder zurück, wenn er unsere Stimmen hörte. Ich strich ihm sanft über den Hals

"Ich finde den Pferdetausch äußerst wichtig", erklärte ich, "aber beliebt mache ich mich damit bei keinem, glaube ich. Du und Lotte, ihr wart großartig. Möchtest du denn mal wieder ein Pferd vom Reitinternat ausborgen?"

Ich warette eine Weile mit der Antwort, um zu überlegen. "Nun, manchmal wäre es schon schön, sich auf anderen Pferden auszuprobieren. Man gewöhnt sich ja doch sehr an die Macken und Eigenheiten des eigenen Pferdes. Deswegen ist der Pferdetausch vermutlich auch aus meienr Sicht wichtig, auch wenn ich Pfeffer ungerne hergeben würde", meinte ich, "Aber andererseits möchte ich da Herrn Meiers Geduld nicht überstrapazieren. Soweit ich weiß, leiht er nicht mal seiner Freundin eines seiner Pferde. Da frage ich mich schon, wieso ich auf Sunshine, Julie und Lotte durfte"

"Ich verstehe auch nicht, wieso er seiner Freundin nicht öfter ein Pferd leiht", entgegnete ich, "Auf seine Bersi durfte sie schließlich schon und die reitet auch allererste Sahne. Da hätten auch die Pferde was davon und würden zudem öfter gearbeitet und beschäftigt. So bleibt ja alles an mir hängen, also fast alles. Und dass mit dir, das ist doch die Beste Werbung für ihn beziehungsweise die Schule. Er sollte stolz drauf sein, dass auch noch ehemalige aufs Internat kommen." Ich nahm die Zügel auf.

"Nun, man kann einfach nicht erahnen, was in ihm vorgeht", meinte ich lächelnd, "Übrigens habe ich deswegen auch immer Jacqueline gefragt, ob sie Pfeffer bewegen kann. Weil du ja doch schon genug Pferde hast, um die du dich kümmern sollst."

"Der ist doch nur stur", grinste ich, "Danke, das ist nett. Aber glaub mir, Jacqueline tat es sicher gut, auch mal auf Pfeffer reiten zu können."

"Umgekehrt, glaube ich, tat es auch Pfeffer ganz gut. Jacqui arbeitet ganz anders mit ihm, als ich das tue", erzählte ich, "Ich hab den beiden zugeschaut, nachdem ich im September gestürzt bin. Es klappt doch ganz gut, zwischen den beiden."

"Ja?", fragte ich ganz erfreut, "Hat es ihr mit Pfeffer gefallen?" Jaline hatte mir schon einmal bei einer kurzen Begegnung erzählt, dass Jacqueline auf Pfeffer geritten war, aber gemeinsam ausgeritten waren Jaline und ich schon lange nicht mehr, da blieb nie viel Zeit zum Plaudern.

"Jacqueline würde mir vermutlich niemals sagen, dass es ihr nicht gefällt", sagte ich lächelnd und dachte an meine Freundin. "Wenn ich sie nicht darum beten würde, wird nie der Wunsch aufkommen, Pfeffer einmal zu reiten", mutmaßte ich, "Aber sie schien sich zeimlich zu freuen, als ich sie gelobt habe und war denke ich, auch stolz darauf, dass es gut geklappt hat."

"Hauptsache, sie denkt nicht, dass Pfeffer gefährlich ist", meinte ich, "Wie wär's hier mit einem Trab? Anja schießt sonst gleich von selbst los."

"Traben klingt sehr vernünftig, schließlich müssen wir dich ja rechtzeitig zum Mittagessen wieder beim Internat absetzen", meinte ich grinsend

"Oh ja, bitte", lachte ich, "Ich sag' dir was: Ich hab schon so viel Lebenszeit dadurch verloren, dass ich immer überpünktlich überall am Internat erscheine. Versteh mich nicht falsch: Ich bin immer pünktlich, aber so? Nun ja, dann Trab." Anja schoss los und ich ließ sie erst mal gewähren. Nach ein paar Minuten sah ich mich um, ob Jaline und Pfeffer mithalten konnten.

Auf meine Hilfen hin, trabte Pfeffer artig an. Mit Anjas Tempo konnte er allerdings nicht mithalten, auch wenn ich ihn zügig traben ließ. Als die Schimmelstute davonschoß, galoppierte Pfeffer kurz an. Schnell hatte ich ihn wieder im Trab. Ganz glücklich war der Fuchswallach nicht, dass er nun zurücklag, fügte sich nun aber.

Ich ließ Anja langsamer traben. Ganz recht war ihr das anfangs nicht, aber dann schien sie sich zu freuen, etwas arbeiten zu dürfen. Nun trabte sie wirklich sehr langsam dahin, sodass Pfeffer bald wieder aufholen können sollte.