Ich führte den Wallach vor den Stuten, was ganz gut funktionierte. Am Feldweg angekommen schwang ich mich locker in den Sattel und sortierte die Zügel. Der Wallach wartete brav ab, bis ich ihm das Zeichen zum Antreten gab. Eine gute Ausbildung hatte er genossen, das musste man ihm lassen. "Alles klar bei euch?", vergewisserte ich mich noch einmal bei den Mädchen und sah mich zu ihnen um.

Ich ging neben meinem Pferd und Felicitas her bis zu dem Ort, an dem wir immer aufstiegen. Sicherheitshalber kontrollierte ich den Sattelgurt, dann ließ ich die Steigbügel herunter und stieg auf. "Ja", bestätigte ich dann.

"Bei mir auch", fügte ich hinzu. Als wir losritten, lächelte ich Jacqueline unsicher zu. Ich traute mich irgendwie nicht, ein Gespräch zu beginnen.

"Gut, dann kann es ja losgehen", meinte ich fröhlich und ließ Kip in den Schritt fallen. Der Wallach drängte etwas vorwärts, doch ich hatte ihn gut unter Kontrolle. Schnell fügte er sich dem Tempo, das ich von ihm haben wollte. Dafür klopfte ich ihm kurz am Hals. Als das geklärt war, fragte ich: "Und Felicitas, wie kommst du so mit Oda klar? Im Unterricht gebt ihr ja ein richtig gutes Paar ab."

Ich erwiderte Felis Lächeln. Ich mochte sie schon richtig gerne, obwohl sie noch gar nicht so lange hier ist. Julie unter mir ging ruhig los, ich unterdrückte mal wieder das Bedürfnis, dass ich den Zügel kurz nahm.

Oda schritt gemütlich los. Ich bemühte mich, genügend Abstand zu unserer Reitlehrerin zu halten. Zum Glück war Oda es anscheinend gewohnt, auch hinten zu gehen, und veranstaltete kein Wettrennen. Ich war bisher kaum ausgeritten und konnte dementsprechend im Gelände wenig Erfahrung sammeln. Über Frau Chevaliers Lob freute ich mich ziemlich und ich wurde etwas rot. "Danke", sagte ich schüchtern. "Oda ist aber auch wirklich ein tolles Pony. Ich komme mit ihr wunderbar aus und wir verstehen uns prima."

"Das freut mich zu hören", antwortete ich mit einem Lächeln im Gesicht. "Und du, Jacqueline? Julie und du, ihr arbeitet jetzt auch viel besser zusammen, seit ihr mehr mit Bodenarbeit macht, finde ich." Ich nahm die Zügel leicht auf, da mir Kip davonstürmen wollte. Er fügte sich seinem Schicksal und solange die Stuten hinter ihm blieben, schien für ihn die Sache auch okay zu sein.

Noch bevor ich mich wieder einmal wundern konnte, dass Feli noch nie herunter gefallen war, arbeitete ich im Kopf an einer Antwort für Frau Chevalier. "In der Freizeit mache ich mit ihr eigentlich auch mehr vom Boden", meinte ich, "Reiten muss ich dann sowieso in den Stunden." Sofort hatte ich irgendwie das Gefühl, was Falsches gesagt zu haben.

Neugierig horchte ich auf. Ich wollte mich nicht ins laufende Gespräch einmsichen, aber vielleicht konnte ich Jacqueline später fragen, was mit Bodenarbeit genau gemeint ist. In einer Reitschule hatte man leider wenige Möglichkeiten diesbezüglich. Ob sie mir auch mal was zeigen würde?

"Ich finde es schön, dass du etwas für dich gefunden hast, was dir gefällt. Julie findet die Abwechslung sicher auch toll, die du ihr bietest", meinte ich ernst. "Immerhin merkt sie ja auch, wenn du mit mehr Elan bei der Sache bist, dann ist sie gleich viel motivierter."

Ich atmete auf. Frau Chevalier hatte nicht geschimpft, noch nicht, dass ich nicht reiten mag. "Ja, vom Boden aus macht es mir schon Spaß", meinte ich deswegen, "vor allem draußen im Gelände."

"Was machst du denn da so mit Julie?", wagte ich Jacqueline vorsichtig zu fragen.

"Aber nicht, dass du mir jetzt gar nicht mehr aufs Pferd steigst. Dressur und Springen gehört genauso dazu", sagte ich locker.

Ich war etwas unsicher. Ob Frau Chevalier das böse meinte? Es hörte sich nicht so an, aber man wusste ja nie. Unsicher gab ich Felicitas eine Antwort: "Verschiedenes. Übergänge auf Stimmkommandos und in der Halle mit Stangen. Draußen suche ich dazu Bäume und so. Natürlich gehe ich nicht mit Julie ins Dickicht oder so."

"Würdest du mich mit Oda mal au so einen 'Spaziergang' mitnehmen?", erkundigte ich mich weiter.

"Wenn du dich dafür interessierst, Felicitas", wandte ich mich an das Mädchen, "können wir auch gerne mal was zu dritt machen. Oder Jacqueline zeigt dir wirklich selbst, was sie mit ihrer Stute macht." Das wäre zumindest eine neue Aufgabe für sie. Wir kamen mittlerweile an der Gabelung an und ich schlug den Weg zum See ein. Der Weg durch den Wald führte leicht bergab und Kiparis wollte wieder schneller werden. Jedoch konnte ich ihn gut zügeln, schlug allerdings vor: "Habt ihr etwas gegen einen Trab?"

"Lieber zu dritt", meinte ich unsicher, "Können wir, von mir aus." Ich nahm unsicher die Zügel kürzer, um zu Kiparis noch mehr Abstand zu gewinnen.

Ich fand es etwas schade, dass Jacqui nichts alleine mit mir machen wollte. Vielleicht sollte ich sie später noch einmal fragen, ob sie wenigstens mit mir spazieren gehen wollte und mir so im Gelände ein paar Sachen zeigen würde? "Ich würde mich freuen", sagte ich dennoch. "Und Traben - ja gerne." Ich wartete auf das Handzeichen von Frau Chevalier, bevor ich Oda antrieb. Langsam zuckelte die Stute los, sie wollte wohl ihre Freundin Julie nicht verlieren. Na wenigstens hatte sie kein Interesse daran, Kiparis einzuholen.

Bevor ich eine Antwort geben konnte, musste ich mich zuerst mit Kiparis eingehender beschäftigten. Anstatt anzutraben wollte er gleich lieber angaloppieren, was ich natürlich rasch zu untersagen versuchte. Nach ein paar Galoppsprüngen seinerseits fiel er schließlich unwillig in den Trab zurück. Doch solange er vor den Stuten blieb, fand er es wohl nicht ganz so schlimm, dass er nur im Trab bleiben durfte. Ich erkundigte mich bei den Mädchen, ob alles in Ordnung war.

Ich schwitzte, als Kiparis vor mir angaloppierte. Julie trabte recht flott dahin, hörte aber Gott sei Dank auf mich, als ich sie ein wenig einbremste.

Schweigend genoss ich Odas Trab, denn selbst diese Gangart konnte man bei ihr gut sitzen. Die Strecke kannte ich schon, da ich hier bereits mit Jacqui und den Ponys spazieren war.

Ich ließ Kip jetzt einfach das Tempo gehen, dass er von sich aus gewählt hatte. Da er nicht mehr vorwärtsdrängte, klappte das ganz gut. "Es lässt sich sicher mal ein Termin finden, wo wir alle drei Zeit haben", sagte ich nun zu meinen Begleiterinnen.

"Ja", meinte ich etwas außer Atem. Ich war völlig verkrampft, weil ich Angst vor einem Unfall hatte. Schweißperlen standen mir auf der Stirn. Julie hatte gerade einen etwas ungemütlichen Trab, da sie den Kopf recht hoch trug. Am liebsten hätte ich gefragt, ob wir wieder Schritt gehen konnten, aber das wilde Pferd vor mir wollte sicher nicht und ich traute mich auch nicht zu fragen.

"Stimmt mit Julie etwas nicht?", fragte ich Jacqui leise, sodass es Frau Chevalier hoffentlich nicht hörte. Irgendwie schien meine Mitschülerin Probleme zu haben.

Nun sprachen die Mädchen wohl unter sich, deshalb wollte ich mich nicht einmischen. Ich bekam nur mit, dass es anscheinend um Julie ging.