"Du, Jacqui? Ich glaub, der will schon wieder mit Oda spielen oder so", machte ich meine Mitschülerin auf das Verhalten des Pferdes aufmerksam. Mit den Hufen war ich jetzt zum Glück schon fertig, sodass ich Kiparis gut im Blickfeld hatte.

Im Stall traf ich John, mit dem ich ein paar Worte wechselte. Ich erzählte ihm, was sich Kiparis heute wieder einmal erlaubt hatte. Der Pferdepfleger amüsierte sich köstlich dabei, fand es aber auch nicht gut, dass eventuell eine Keilerei hätte entstehen können.

Erschrocken richtete ich mich auf und erblickte den Wallach, der mir wie ein wilder Hengst erschien. "Soll ich mich als Futter bereitstellen?", fragte ich im Spaß, um meine Angst zu überspielen. Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Ich traute mich nicht zu dem Wallach hin, aber andererseits wollte ich auch nicht, dass Feli ganz alleine dastand. Also nahm ich all meinen Mut zusammen und ging zu dem Wallach, um seinen Kopf wegzudrehen, indem ich ihn am Halfter packte.

"Ich glaube, du schmeckst ihm nicht", witzelte ich unsicher zurück. "Hast du vielleicht ein paar Möhren dabei, die du sonst immer Julie gibst? Vielleicht hat er Lust auf so etwas?" Da sich Jacqui um den Wallach kümmerte, widmete ich mich noch Odas Langhaar.

Irgendwann machte ich mich dann doch auf den Weg in die Sattelkammer, um den Putzkasten zu verstauen und Sattel und Zaumzeug zu holen.

Der Wallach gab nun Gott sei Dank vorerst Ruhe, dennoch blieb ich bei ihm, nicht, dass noch was passierte. Wo blieb Frau Chevalier denn? "Nein, leider nicht." Ich musste an Frau Chevaliers Vortrag über Leckerlis und das die Pferde davon bissig wurden, denken.

"Soll ich jetzt auf Kiparis aufpassen? Dann kannst du bei Julie weitermachen", bot ich Jacqueline an, da ich nun mit dem Putzen fertig war.

Bald darauf kam ich auf den Putzplatz zurück. "Entschuldigung, ich habe kurz mit John gesprochen", sagte ich zu den Mädchen. "Danke dass ihr auf Kiparis acht gegeben habt. War er brav?" Ich legte das mitgebrachte Zeug ab und klopfte den Hals des Wallachs.

Die Frage erübrigte sich, Frau Chevalier kam ja schon wieder. Schnell ging ich wieder zu Julie zurück. "Klar", meinte ich nicht ganz überzeugt.

Langsam packte ich meine Putzutensilien zusammen. Ich wollte auf Jacqui warten und zusammen mit ihr das Sattelzeug holen.

"Ich dachte schon, er hätte wieder etwas ausgefressen, weil du bei ihm standest", meinte ich schulterzuckend und griff nach der Satteldecke, um sie auf Kips Rücken zu legen.

"Das war nur sicherheitshalber", erklärte ich. Ich packte meine Putzsachen nun ebenfalls ein.

Während ich auf Jacqui wartete, streichelte ich Odas Hals. Das gefiel ihr sehr gut.

"Na wenn du meinst, dass das nötig war", entgegnete ich. "Aber jetzt beeilt euch mal lieber. Ihr wisst ja, Kip wartet nicht besonders gerne und er ist bald reitfertig." Ich strich die Decke glatt und schwang den Sattel sanft auf den Rücken des Wallachs. Als ich den Sattelgurt schließen wollte, fing er mit seinem „Ich-blase-mich-auf-und-halte-die-Luft-an-dann-bekommt-man-den-Gurt-nie-zu“-Spielchen an. Heute kannte der Schimmel wirklich keine Grenzen und seine Einfälle, um mich zu ärgern, waren endlos. Ich ließ also erstmal den Gurt auf der rechten Seite ein Stückchen runter, sodass er trotzdem lang genug war, um den Gurt einzuhängen. Da Kip weiterhin Luftballon sein wollte, beließ ich es vorerst dabei und griff zur Trense.

Ich nahm den Putzkasten und ging in die Sattelkammer. "Das kann ja noch heiter werden", murmelte ich. Vor meinem inneren Auge sah ich schon Genickbrüche ohne Ende. Ich verstaute das Putzzeug und griff zu Sattel und Trense.

Ich folgte Jacqueline. In der Sattelkammer meinte ich: "Hoffentlich dürfen wir Frau Chevalier dann nicht aus irgendeinem Graben aufsammeln oder so. Der Wallach scheint ja ziemlich temperamentvoll zu sein." Ich stellte den Putzkasten weg und griff nach dem Sattel- und Zaumzeug.

Auftrensen klappte ohne Probleme. "Na geht doch", meinte ich lachend zu Kip.

"Ich kann keine Erste Hilfe leisten", murmelte ich und ging wieder hinaus. Wahrscheinlich fielen wir alle in irgendwelche Gräben...

"Im Notfall haben wir wenigstens ein Handy mit", versuchte ich meine Mitschülerin zu beruhigen. Am Putzplatz ging ich rasch zu Oda und begann, sie zu satteln. Sie stand einfach nur friedlich da und schien auch ihr Interesse an Kiparis verloren zu haben.

Ich setzte nun noch meinen Reithelm auf und wandte mich zu den Mädchen. "Seid ihr dann so weit?", fragte ich leicht ungeduldig, da sie meiner Meinung nach die ganze Zeit schon etwas getrödelt hatten. Kip fand es gar nicht lustig, warten zu müssen. Er versuchte, meine roten Locken zwischen die Zähne zu bekommen, doch ich entzog sie ihm rasch. "Die schmecken bestimmt nicht", meinte ich lachend zu dem Wallach.

Sind wir auf der Flucht oder was? Wahrscheinlich müssen wir den ganzen Ausritt über galoppieren. Schnell sattelte ich meine Pflegestute. Beim Zäumen klappte es nicht so schnell, also machte ich es langsam, um meiner Stute ja nicht weh zu tun.

Oda war recht schnell reitfertig gemacht. Ich sah mich nach Jacqueline um, die noch etwas Zeit brauchte.

"Ich schlage vor", erläuterte ich schon mal, während Jacqueline noch mit ihrem Pony beschäftigt war, "dass ich vorne reite und ihr beide hinter mir nebeneinander. Am besten haltet ihr zuerst einen größeren Abstand, damit sich Kip auf mich konzentriert. Ich war mit ihm ja schon alleine im Gelände, da war er ganz brav, aber mit Anhang habe ich ihn noch nicht getestet."

Ich nickte nur, da ich mit Julie beschäftigt war. So war ich auch bald fertig und konnte meinen Helm aufsetzen und die Handschuhe anziehen. "Ich bin fertig", sagte ich dann und nahm Julies Zügel in die Hand.

Ich stimmte Frau Chevalier zu und nahm nun ebenfalls Odas Zügel. Ich führte die Stute mit etwas Abstand hinter Kiparis her. Erst als wir den Hof verlassen hatten, stieg ich auf.