Nach einer Weile bemerkte ich, dass Jacqueline ihre Übergänge nicht machte. "Was ist los? Antraben schaffst du doch noch oder nicht?", fragte ich das Mädchen.

"Ich weiß nicht... doch", entgegnete ich ängstlich, riss mich aber zusammen und trabte das Pferd an, hielt mich allerdings weiterhin mit beiden Händen vorn am Sattel fest. Ich befand mich einfach zu jung zum Sterben.

Ich sah wieder zu Jacqueline hinüber.

"Hey, wie schon mal erwähnt, du musst dich nicht festhalten. Setz dich einfach locker und gelassen hin, dann passiert auch nichts", fuhr ich fort. "Jetzt wechselst du von F nach H die Hand, parierst zum Schritt durch und bei A gehst du auf dem Zirkel, leichttraben. Die anderen wechseln bitte ebenfalls die Hand."

Zum Schritt durchparieren? Dieses Pferd? Ich ritt zu F, in der Ecke müsste es ja leichter gehen, dass Pferd durchzuparieren, nicht so bei diesem. Ich konnte die Stute gerade so durch die Bahn lenken, ohne das sie langsamer wurde, eher schneller, so kam es mir jedenfalls vor. Bei A versuchte ich mich wieder an einer Großen Tour. Nunja, ein Ei wurde es schon mal.

Ich wechselte die Hand und ließ Gizella dann im Schritt weitertrotten. Etwas besorgt schaute ich zu Jacqueline. Warum parierte sie nicht?

Ich sah mir das Ganze eine Weile an, bis ich Jacqueline ansprach: "Warum parierst du nicht zum Schritt durch, wenn ich dich dazu auffordere? Muss ich dir noch erklären, wie das geht? Bei Julie klappte es doch auch immer ganz gut und Oda versteht die gleichen Hilfen auch nicht anders. Sie ist eben nur feiner zu reiten. Also, an der langen Seite wechselst du mal in den Schritt. Zur Erinnerung: Du bereitest Oda mit einer halben Parade auf die neue Aufgabe vor. Kreuz anspannen, inneren Zügel kurz annehmen und nachgeben und dabei mit dem inneren Schenkel gegen den anstehenden äußeren Zügel treiben. Für den Übergang spannst du das Kreuz an und streckst dich im Sattel vermehrt. Gleichzeitig schließt du den Oberschenkel. Dann nimmst du den Zügel an und lässt ihn anstehen, bis du merkst, dass Oda die Parade annimmt. In dem Moment öffnest du den Oberschenkel, gibst innen nach, entspannst das Kreuz und treibst weiter. Alles klar?"

Ich traute mich nicht, eine Antwort zu geben und lenkte das Biest unter mir auf die lange Seite. Ich versuchte es erst wirklich richtig zu machen, doch als es wieder nicht funktionierte, klammerte ich mich ängstlich an der Mähne des Pferdes fest. "Hilfe", flüsterte ich. Mir stiegen Tränen in die Augen.

Ich blickte immer noch zu Jacqueline. Nichts schien zu funktionieren.

Mittlerweile war ich nur mehr auf Jacqueline fixiert, die schien meine volle Aufmerksam zu wollen. "Konzentrier dich mal", mahnte ich sie streng. "Setz dich mal ordentlich und aufrecht hin und entspann dich, sonst kann das ja nie was werden. Und dann mach es endlich so, wie ich es dir gesagt habe. Von alleine wird Oda nicht in den Schritt fallen, du musst schon die korrekten Hilfen geben."

Erschrocken richtete ich mich auf, wobei ich wohl ziemlich am Zügel zog, denn das Pferd warf den Kopf nach oben und trabte noch härter zu sitzen. Ich klammerte mich mit den Knien fest und dachte bei mir, dass ich nie wieder auf ein Pferd steigen wolle. Es musste doch irgendwie klappen, bei dem Vieh die Bremse zu finden. Ich dachte an Sam. Was er wohl machen würde? Er würde es sicher schaffen, er ritt schließlich ziemlich gut, soweit ich das beurteilen konnte. Mittlerweile waren wir am Ende der langen Seite und verzweifelt versuchte ich es noch einmal. Es klappte nun doch einigermaßen, nach ein paar seltsam wackeligen Schritten fiel die Stute in den Schritt. Ich traute dem Zustand jedoch nicht. Schließlich war es möglich, dass das Pferd gleich wieder losschießen würde.

Als Jacqueline schließlich im Schritt war, merkte cih erst wie angespannt ich war. Ich entspannte mich udn ritt dann mti Gizella weiter.

"Na siehst du, geht doch", meinte ich zu Jacqueline, mehr oder weniger zufrieden. Aber immerhin, sie hatte es doch gechafft. Ich verlange ja auch nicht von ihr, dass sie es auf einem ihr unbekannten Pferd perfekt machen würde. "Und jetzt eine einfache Schlangenlinie, danach wieder Trab."

Ich hatte schon vermutet, dass ich nicht im Schritt bleiben durfte, war aber doch froh, dass ich erst mal in der langsameren Gangart reiten durfte. Ich hoffte nur, dass das Pferd nicht von selbst losschießen würde. Die einfache Schlangenlinie klappte aber einigermaßen gut. Und nach diesem Erfolgserlebnis sollte ich das Pferd wieder antraben? Was blieb mir anderes übrig? Ich trabte an und ging zum Leichttraben über.

Während ich mit Gizella arbeitete, warf cih auch imemr wieder ein Auge auf Jacqueline. Es schien soweit alles zu klappen. Ich lächelte aufmunternd, vermutete aber, dass Jacqueline zu beschäftigt sein würde, um es zu sehen

"Gut, und weiter treiben. Oda soll schön fleißig vorwärtsgehen. Dann gehst du auf den Zirkel, galoppierst bei X an, eineinhalb Mal herum. Danach wieder ganze Bahn im Trab", forderte ich weiter von Jacqueline. Da es bei mir momentan ganz gut lief, konnte ich mich nun wieder den anderen Schülern zuwenden. Ich gab allen ein paar Anweisungen, zu Samuel sagte ich: "Zeig mir mit Gizella mal den Mittelschritt. Achte darauf, dass du schön vorwärtsreitest."

Ich erschrak zu Tode. Ich konnte kaum im Trab aussitzen, wie würde das erst im Galopp werden? Ich hatte Angst doch nach einer Extrazirkelrunde gab ich doch energische Galopphilfen, damit Frau Chevalier nicht noch eine blöde Bemerkung losließ. Zu heftig war die Hilfe, wie ich sogleich zu spüren bekam. Das Pferd warf den Kopf hoch - hatte es sich erschreckt? - und ich wollte mich gerade noch in der Mähne festkrallen, da lag ich schon am Boden. Ich konnte es gar nicht fassen und schloss die Augen.

Ich fing gerade mit meiner Aufgabe an, was uns so mehr oder weniger gelang. Aber schnell war alles vergessen, als ich sah wie Jacqueline vom Pferd flog. "Oh mein Gott", entfuhr mir schockiert und ich blieb mit Gizella stehen

Gerade wollte ich etwas an Samuel ausbessern, als es geschah. Jacqueline landete auf den Boden und Oda trabte ein Stückchen weg, bevor sie auch stehen blieb, um nachzusehen, wo ihre Reiterin geblieben war. Der Rest der Abteilung war zum Glück schon stehen geblieben, ohne dass ich sie hätte extra auffordern müssen. "Samuel, fängst du bitte Oda ein? Nicht, dass da auch noch was passiert...", forderte ich den Jungen auf. Als Jacqueline nicht sofort wieder aufstand, ging ich schnell zu ihr hin und hockte mich neben sie. "Alles okay? Tut dir was weh, Jacqueline?", fragte ich sie vorsichtig. Der Sturz hatte für mich nicht schlimm ausgesehen. Trotzdem hatte ich kein gutes Gefühl dabei, weil sie sich erstmal nicht bewegte. Hoffentlich war nichts Gröberes passiert.

Ich lag am Rücken und wagte nicht die Augen zu öffnen, als ich merkte, dass Frau Chevalier neben mir war. Sofort wären mir die Tränen in Bächen übers Gesicht geflossen. So konnte ich sie wenigstens noch zurückhalten. Ich wusste allerdings nicht, was ich sagen sollte. "Ich weiß nicht", meinte ich ängstlich. Hoffentlich würde Sam das Pferd schnell fangen.

Ich war zunächst in einer Schockstarre. Dann aber drangen Frau Chevaliers Worte zu mir durch. Oda ließ sich schnell und problemlos einfangen, aber ich hatte andere Sorgen. Ich sah zu Jacqueline hinüber. Ängstlich.

Wenigstens war Jacqueline soweit ansprechbar und bei Bewusstsein, worüber ich sehr erleichtert war. "Dann probier mal vorischtig deine Arme und Beine zu bewegen", redete ich weiter ruhig auf das Mädchen ein. "Hast du vielleicht Schmerzen im Rücken?"

"Ich glaube nicht", sagte ich leise und tat, wie mir geheißen. Dabei flossen mir dann doch ein paar Tränen übers Gesicht. Ich hatte solche Angst. Eigentlich hatte ich keine Schmerzen, aber was würde nun passieren? "Sam", flüsterte ich zwischen meine Tränen hinein. Ich schämte mich vor Frau Chevalier, dass ich seinen Namen in dieser Situation ausgesprochen habe.

Ich stand zu weit weg, um Jacqueline zu hören. Da sie immer noch nicht aufgestanden war, wurde ich immer unruhiger. "Gehts Jacqueline gut?", fragte ich schließlich sehr besorgt

"Bist du dir sicher, dass alles okay ist?", fragte ich noch einmal eindringlich nach. Ich wusste nicht, ob ich ihr glauben konnte, immerhin weinte sie. "Wenn dir nichts weh tut, kannst du ja mal langsam aufstehen. Soll ich dir helfen?" Ihr geflüstertes "Sam" ignorierte ich vorerst. Ich wartete lieber ab, was weiter geschehen würde. Sam, der mich nach Jacquelines Befinden fragte, antwortete ich nur: "Sie hat wohl keine Schmerzen, also ist's sicherlich nicht so schlimm. Wir sind ja alles schon unzählige Male vom Pferd gefallen und es ist dabei nichts Schlimmes passiert." Aufmunternd lächelte ich in die Runde und sah dann wieder Jacqueline an.