"Stimmt. Ein schöner Zufall", meinte ich lächelnd. Ich überlegte, ob ich in meinen Bewerbungsunterlagen irgendwo erwähnt habe, dass ich ein Faible für Barockpferde habe. Ich kam zu dem Schluss, dass dem wohl nicht so war. Weiter ging es im Schritt durch den Wald dahin.

"Ist ja auch eine ganz schön lange Zeit", meinte ich. "Warum ist sie eigentlich gegangen?" Ich wusste nicht, ob diese Frage gut war, aber ich wollte endlich mal Genaueres darüber erfahren. Bisher habe ich ja nur die Gerüchte mitbekommen die im Internat im Umlauf sind.

Der unfreundliche Ton gefiel mir gar nicht. "Hoffentlich gibt es da mal nicht in Zukunft Probleme", dachte ich. "Ich gehöre sicherlich auch nicht zu den Menschen, die sich bedingungslos allem anpassen." Jetzt ging es wieder bergab, den See konnte man nun schon gut sehen. Ich lehnte mich etwas nach hinten, damit es für California leichter war. Da es mich ja eigentlich nichts anging, hakte ich wegen der Sache mit der alten Reitlehrerin nicht weiter nach. Ich gab nur noch etwas von mir, dass wie "Hm, okay." klang.

Da ich das Thema doch recht spannend fand, ließ ich mich weiterhin auf das Gespräch ein. "Ach wirklich?", antwortete ich überrascht. "Die hat sich dann wohl im Job vertan, wenn sie das professionell machen möchte. Obwohl, für die Schüler wäre hin und wieder ein Turnier sicher spannend, um ihr Können unter Beweis zu stellen." Das letzte Stück zum See ließ ich die Zügel länger und California schnaubte zufrieden. Im See widerspiegelte sich der wolkenlose Himmel, was echt toll aussah. Er lud direkt zum Schwimmen ein.

Diese Antwort hätte ich nun nicht erwartet. "Kein Andrang? Das kann ich kaum nachvollziehen", meinte ich. "Schließlich gehen die Teenager hier zur Schule, um das Reiten zu perfektionieren. Natürlich steht auch der Umgang mit dem Pferd im Vordergrund, aber als Schüler würde ich mich über jede Gelegenheit freuen, mein Können zu zeigen und mich mit anderen zu messen. Nun gut, es gibt ja auch noch die Abzeichen." Als wir am Ende des Weges angekommen waren, hielt ich California an. Sie blieb ruhig stehen und wartete geduldig ab, bis ich mit beiden Beinen fest am Boden stand. Neugierig sah ich mich um.

Der Rektor schien diesbezüglich keine allzu hohe Meinung zu haben, deshalb beließ ich das Gespräch erst einmal dabei. Ich konnte das Ganze ja auch noch nicht so gut beurteilen. Ich lockerte den Sattelgurt etwas und schlug die Steigbügel hoch. Danach folgte ich Herrn Meier zum Holzbalken, wo ich California am mitgebrachten Stallhalfter sicher anband. Ich klopfte der Stute den Hals und murmelte: "Braves Mädchen!" Dann wandte ich mich zum Rektor und fragte nun wieder laut: "Können die Pferde hier auch etwas trinken?" Ich selbst hatte einen riesigen Durst und war froh darüber, eine Wasserflasche mitgenommen zu haben.

"Gerne", erwiderte ich höflich. Mir war zwar mehr nach einer Abkühlung im See in Form von die Füße ins Wasser halten, aber ich wollte Herrn Meier nicht widersprechen. Die Stimmung war nämlich gerade einigermaßen okay, sodass ich diese nicht zerstören wollte. Immerhin habe ich schon gemerkt, wie schnell man ihn missmutig machen kann.
Das Angebot der Gemeinde fand ich ebenfalls großartig. Ich nahm mir also einen Eimer und füllte diesem mit Wasser aus dem Wasserhahn. Durch die Hitze war dieses zuerst lauwarm, was nur gut für die Pferde sein konnte. Als er voll war, brachte ich ihn zu California und stellte ihn vor ihr ab. "Lass es dir gut gehen", murmelte ich ihr zu, als sie ihren Kopf in den Eimer steckte.

Ich ließ nun ebenfalls meine Stute alleine und folgte Herrn Meier zur Bank. Ich setzte mich links von ihm hin und trank erst einmal aus meiner Flasche. Dabei genoss ich die wunderbare Aussicht über den See hinweg. "Es ist einfach schön hier und ... ja, anders als im hohen Norden", musste ich lächelnd zugeben. Ich dachte an die kühlen, teils regnerischen Tage, die in meiner Heimatregion im Sommer oft herrschten. Hier dagegen schien es kaum schlechtes Wetter in dieser Jahreszeit zu geben. Das lässt Urlaubsstimmung aufkommen.

Ich wusste einfach nicht, was ich von Herrn Meier halten sollte. Irgendwie konnte ich mit ihm kein vernünftiges Gespräch in Gange bringen. Zu Bersi dagegen war er so übernatürlich liebevoll, dass es mich fast schon wunderte. Ich umsorge meine Pferde zwar auch gerne, aber von übermäßiger Betüdelung halte ich wenig. Ich schwieg nun fürs Erste, um die Natur zu genießen, sofern das bei dieser Hitze möglich war. Wenigstens spendeten ein paar Bäume minimalen Schatten.

Überrascht sah ich meinen Vorgesetzten an. Damit hätte ich nun wirklich nicht gerechnet. Nach einigen Sekunden hatte ich mich allerdings wieder unter Kontrolle und antwortete freundlich: "Ja, natürlich. Da es hier im Kollegium anscheinend sowieso üblich ist, fühle ich mich dadurch noch integrierte. Ich heiße Anna, aber das wissen Sie ... oder weißt du sicherlich." An diese neue Anrede musste man sich allerdings auch mal gewöhnen, stellte ich fest. Es war schon irgendwie komisch, diesen älteren Mann zu duzen, der die ganze Zeit so unnahbar wirkt.

"Gut", meinte ich lächelnd. "Ich finde das so viel angenehmer." Ich nahm einen weiteren Schluck Wasser aus meiner Flasche und folgte dann Michaels Blick ins Leere.

"Ich finde es hier sehr angenehm, wenigstens nicht so heiß wie anderswo", gab ich ehrlich zu. "Ist im See das Schwimmen erlaubt?"

Ich war erfreut darüber, dass man hier mitten in der Natur auch schwimmen gehen konnte. Dieses Angebot werde ich sicher das eine oder andere Mal nutzen. Allerdings wunderte es mich ein wenig, dass heute gar keine Schüler anwesend waren. Nun gut, das konnte nur unser Vorteil sein, so hatten wir eine angenehme Ruhe. "Ja, klar", meinte ich zu Michael, ich blieb jedoch sitzen.