"Wenn er nicht beim Pferd ist, ist er da doch meistens", meinte ich leise und sah mich um. Jaline lächelte aufmunternd. "Dann mal los", meinte sie und ging voran

Kurz vor Herrn Meiers Büro ließ ich Sams Hand los. Es wäre wohl etwas unhöflich, Sams Hand weiterhin zu halten. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und klopfte. Und tatsächlich drang von innen das wohl bekannte "Herein", woraufhin ich zurückzuckte. Trotzdem legte ich meine Hand auf die Klinke und drückte sie hinunter. Ich trat ein. "Guten Tag, Herr Meier", sagte ich höflich.

Ich trat nach Jacqueline ein und grüßte den Rektor ebenfalls höflich. Jaline lächelte ihn sogar an, während sie grüßte. Dann sah sie kurz auf ihre Reitstiefel und hoffte, dass sie das Büro nicht schmutzig machen würde

"Guten Tag", grüßte Herr Meier ebenfalls, stand auf und reichte uns die Hand. "Setzt euch doch bitte." Ich nahm am Platz direkt gegenüber von Herrn Meier Platz. Ob er wohl enttäuscht sein würde?

Jaline und ich setzten uns an Jacquelines Seiten. Jaline sah Jacqueline fragend an, weil sie wissen wollte, wer erzählen sollte. Ich lächelte aufmunternd in Richtung meiner Freundin

"Ihr kommt doch sicher nicht ohne Grund zu mir", meinte Herr Meier ruhig, "Was kann ich für euch tun? Ist mit den Pferden alles in Ordnung?" Ich sagte erstmal nichts, ich wusste nicht, wie ich auf diese Frage hin antworten sollte. An Jalines Kaffee musste ich denken. Daran merkte man doch schon, dass Herr Meier lieber wissen wollte, wie es den Vierbeinern geht.

Jaline beschloss nun anzufangen. "Wir waren heute zu dritt ausreiten. Auf dem Rückweg erschrak Pfeffer und ging durch, was die anderen Pferde auch nervös machte. Daraufhin ist Jacqui gestürzt"

Herr Meier blickte ernst und hörte schweigend zu. Ich unterdrückte das Bedürfnis, nach Sams Hand zu fassen. Ich hatte Angst.

Da wir immer noch schwiegen, erzählte Jaline weiter: "Jacqui meinte zwar, es tut ihr nichts weh, aber ich denke, wir sollten es sicherheitshalber melden. Den Pferden scheint es nach meinem Auge auch gut du gehen"

"Dass ihr den Vorfall gemeldet habt, das habt ihr auf jeden Fall richtig gemacht", erklärte Herr Meier, weiterhin ruhig, "Wie geht es dir jetzt, Jacqueline? Hast du wirklich keine Schmerzen?" Ich war erstaunt. Hatte Jaline doch recht gehabt oder hatte ich mich nur verhört? "Danke, Herr Meier", entgegnete ich höflich, aber doch etwas lächelnd, "Ich habe keine Schmerzen und bin auch nach dem Sturz wieder auf das Pferd gestiegen und heim geritten." Konnte ich darauf stolz sein? Wohl eher nicht, Reiter machten das einfach so. "Auch wenn dir noch nichts schmerzt, Jacqueline, könntest du, zum Beispiel morgen, Schmerzen spüren. Komme in so einem Fall unbedingt zu mir, damit wir zum Arzt fahren können", erklärte Herr Meier, "und bezüglich der Pferde gibt es keine Auffälligkeiten?"

Ich wollte schon ansetzen, aber Jaline übernahm das sprechen: "Gizella und Julie liefen auf jeden Fall ganz normal heim. Sie haben sich scheinbar auch nur kurz erschrocken und waren etwas nervös. Ganz genau kann ich es allerdings nicht sagen, weil Pfeffer ja auf und davon wollte. Ich mach mir zwar Sorgen, aber mir ists auch nach 3 Mal prüfen nichts bei ihm aufgefallen"

"Soll Herr Whert Pfeffer sicherheitshalber prüfen?", fragte Herr Meier freundlich. Ich hatte ja immer schon gewusst, dass Herr Meier seine Schüler und Pferde mochte, aber das er dabei so freundlich war?

"Oh, das wäre großartig, vielen Dank", freute sich nun Jaline. Daran hatte sie gar nicht gedacht. Ich wartete ruhig ab. Die Mädels machten das ja schon. Dennoch versuchte ich für Jacqueline so präsent wie möglich zu sein

"Wäre es für dich okay, wenn Herr Whert nach dem Abendessen vorbeischaut", fragte Herr Meier nach, "natürlich müsste ich ihn erst fragen, ob er denn Zeit habe. Aber vielleicht solltest du Pfeffer in den drei Grundgangarten, zumindest aber im Schritt und Trab, an der Hand oder an der Longe vorführen, damit wir wirklich auf Nummer sicher gehen können." Für mich hörte sich das alles so professionell an, da kam ich gedanklich nicht mit.

Jaline nickte: "Für Pfeffer hab ich immer genug Zeit. Also ist es für mich nach dem Essen in Ordnung. Vielen Dank"

Herr Meier lächelte. Ich glaubte schon, dass ich visuelle Halluzinationen hatte oder träumte, aber für mich erschien es so, als würde Herr Meier lächeln. "Das freut mich. Dann werde ich mich auch bemühen, den Tierarzt um diese Zeit zu organisieren", bot der Rektor an, "Möchtest du bei uns zu Abend essen? Ich würde dich sehr herzlich dazu einladen."

Über das Lächeln war ich nun auch erstaunt. Was war denn da verkehrt? Jaline dagegen kannte es ja bereits von der Begegnung mit Marleen. "Gerne. Ich koche zwar ganz passabel, aber an die Küche hier kommen meine Kochkünste nicht an. Vielen lieben Dank", sprach Jaline freundlich lächelnd

"Bitte, gerne", nickte Herr Meier. Er blickte zwar noch immer freundlich, lächelte aber nicht mehr. "Habt ihr sonst noch einen Wunsch?", fragte uns Herr Meier. Ich sah Sam verwirrt an. Er selbst blickte ebenfalls etwas verblüfft. Dann sah ich zu Jaline, bevor ich Herrn Meier antwortete: "Nein, wir wollten nur den Sturz melden." Fragend blickte ich zu Jaline. Ob sie noch etwas am Herzen hatte? Sie schien ja ein recht gutes Verhältnis zu Herrn Meier zu haben. Vielleicht sollte ich mir Tipps von ihr holen.

Auch ich verneinte noch immer überrascht. „Von meiner Seite ist auch nichts mehr “, sagte Jaline nach kurzer Überlegung

"Gut", nickte Herr Meier freundlich und mahnte mich streng: "Und falls du Schmerzen hast, Jacqueline, sag bitte sofort Bescheid." "Ja, Herr Meier", entgegnete ich höflich und stand auf. Herr Meier erhob sich ebenfalls, um jeden von uns die Hand zu geben und "Auf wiedersehen, bis gleich" zu sagen. Zu Jaline meinte er noch ernst: "Danke, dass du wegen Pfeffer Bescheid gesagt hast."

Jaline verabschiedete sich als letztes. Auf Herrn Meiers letzten Satz antworte sie:„ich muss eher Ihnen danken, da Sie einen Tierarzt organisieren. Dass ich mich um ihn kümmere und sorge ist für mich selbstverständlich. Schließlich ist er mein Pferd“ Ich war froh, dass wir hier gleich raus waren.

"Keine Ursache", brummte Herr Meier noch, dann verließ ich die Direktion. Als die Tür hinter mir zu war, seufzte ich erleichtert auf und fragte beim Weggehen Richtung Speisesaal: "Ist der immer so gut drauf, wenn jemand vom Pferd fällt?"

Ich musste lachen. „Meinst du er freut sich über jeden Sturz?“, meinte ich. Jaline schüttelte nur Kopf.

"Na, der hat ja gestrahlt, als wäre er der glücklichste Mensch der Welt", meinte ich lachend.

„Kann er aber gar nicht sein, schließlich bekomme ich Kaffee und Torte“, meinte Jaline nun lachend