Ich zeigte ihr, wie sie alle Schnallen ordnungsgemäß verschließen konnte. "Hast du deinen Reithelm? Dann kann's nämlich losgehen", endete ich schließlich. Apple-May sollte Great Heart selbst am Führstrick zur Halle bringen, während ich das ganze Longierzeug tragen wollte.

Ich nickte und griff nach meinem Helm, den ich abgelegt hatte. Bisher hatte ich diese Ding erst einmal im Laden aufgehabt, als ich es gekauft hatte. Unsicher blickte ich zur Lehrerin, ob ich ihn gleich aufsetzen sollte, machte es aber einfach.Widerspenstig kamen meine Haare hervor und ich schob sie energisch zurück.

"Na dann komm mal mit", meinte ich und reichte ihr den Strick. Ich selbst lud mir die restlichen Sachen auf und schritt voran zur Halle. "Pferde müssen vor der Arbeit immer aufgewärmt werden", redete ich einfach weiter. "Das ist wie bei Menschen, bevor sie mit Sport beginnen. Wenn du willst, kannst du Great erst mal ein paar Runden im Schritt herumführen, bevor es dann endlich in den Sattel geht." Ich lächelte das Mädchen an.

Etwas verdutzt folgte ich der Lehrerin. Great Heart mir zum Glück auch. Von Wollen war wohl nicht wirklich die Rede weshalb ich es bei einem „Okay “beließ

Natürlich hätte ich Great Heart selbst etwas ablongieren können, aber so hatte Apple-May mehr von ihrem Pflegepferd und gewöhnte sich besser an ihm. Munter erzählte ich ihr schon mal etwas zu den drei Grundgangarten des Pferdes und was der Unterschied zwischen rechter bzw. linker Hand beim Reiten ist.

Schweigend führte ich das Pferd und hörte zu. Dabei widerstand ich dem Drang nervös an meinem Dort zu zupfen

Ich ließ die beiden sicherlich gute fünf Minuten herummarschieren, auch mal kreuz und quer durch die halle, um Abwechslung zu bringen. "Ich denke, das reicht jetzt", meinte ich schließlich und holte die beiden zu mir in die Mitte. "Jetzt kommt erst noch die Longe dran, dann darfst du endlich aufsteigen." Ich hakte also den Führstrick aus und die Longe ein. Während ich Great Heart festhielt, erklärte ich: "In der Reitbahn steigt man immer in der Mitte auf, damit man keine anderen Reiter stört, falls welche hier sind. Zuerst gurtest du den Sattel noch einmal nach und ziehst die Steigbügel herunter." Ich half ihr ein wenig damit. "Brauchst du zum Aufsteigen eine Aufstiegshilfe oder denkst du, dass du es so schaffen wirst?", erkundigte ich mich bei dem Mädchen.

Das Pferd war zwar groß, ich aber auch. Vom Kampfsport her war ich aber beweglich, deshalb traute ich es mir durchaus zu, das Bein auf Höhe der Steigbügel zu bekommen. Von daher verneinte ich zunächst. Ich versuchte mich daran zu rn, was ich zum Aufsteigen alles tun musste. Ich legte die Hände an den nachgegurteten Sattel und stellte das linke Bein in den Steigbügel. Kurz blickte ich zur Lehrerin, um mich zu vergewissern, das s alles passte

"Pass auf, dass du Great nicht in den Rücken fällst oder ihm mit der Fußspitze in den Bauch piekst oder Ähnliches", kommentierte ich nur noch, der Rest gefiel mir soweit ganz gut. Ich ging auf die andere Seite, um im Notfall etwas gegen zu halten.

Kurz versuchte ich die Abbildung aus einem meiner Bücher zu visualisieren. Dann nahm ich Schwung und kam irgendwie nach oben. Elegant hatte es aber sicher nicht ausgesehen. Wie man einem Pferd nicht in den Rücken fiel wusste ich nicht genau , aber zumindest plumpste ich ich nicht in den Sattel. Glaubte ich zumindest

"Sah schon mal nicht schlecht aus", meinte ich lächelnd. Ich schickte Great Heart auf den äußeren Zirkel und fügte hinzu: "Jetzt gewöhnst du dich einfach mal an seine Bewegungen." Ich ließ den Wallach in den Schritt fallen und linksherum in Kreis gehen.

Ich lächelte kurz aber dann begann das Pferd schon zu laufen. Krampfhaft umklammerte ich den Sattel so gut es ging. Gewöhnen an das Gewackel? Wohl eher nicht

"Immer schön locker bleiben und gerade sitzen", kommentierte ich. Mehr Sitzkorrekturen unterließ ich erstmal, das hätte das Mädchen wohl nur überfordert.

Gerade sitzen? Wie sollte ich das denn machen? Irgendwie streckte ich mich, hatte aber das Gefühl zur Seite zu rutschen. Also klammerte ich mcih mit den Beinen fest

"Jetzt nimmst du mal eine Hand weg vom Sattel und streckst den Arm seitlich von dir", forderte ich Apple-May auf. Sie gehörte wohl zu den eher ängstlicheren Reitern, deshalb wollte ich mit einfachen Geschicklichkeitsübungen beginnen.

Unsicher blickte ich zur Lehrerin. Kurz wollte ich mich weigern, aber dann dachte ich daran, wie schrecklich heute schon gewesen war. Der Satz meiner Eltern kam mir wieder in die Ohren. Ich durfte das nicht vermasseln. Und so irgendwie mochte ich Pferde. Zumindest in Büchern. Ich schluckte einmal, versuchte mich nochmal zu strecken und entschied mich dafür, dass ich mich als Linkshänderin mit der linken Hand sicher besser festhalten konnte. Also streckte ich die rechte etwas weg.

"Schön, und jetzt umgekehrt", wies ich das Mädchen weiter an.

Nun zögerte ich doch etwas. Dann aber hielt ich mich krampfhaft mit der rechten Hand fest und streckte die linke ganz wenig weg. Gerade so weit, dass sie weg war,, aber noch so nah, damit ich sofort zugreifen konnte.

"Entspann dich. Keine Angst, im Sattel hast du so viel Halt, dass du dich eigentlich gar nicht festhalten müsstest", versuchte ich Apple-May aufzumuntern. Ich hatte schon lange keine Anfängerstunde mehr gegeben, deshalb war das für mich auch alles etwas ungewohnt. "Jetzt kannst du dich wieder festhalten, wenn du willst. In der nächsten Runde stoppe ich Great Heart irgendwann und du versuchst, dabei das Gleichgewicht zu halten und gerade zu bleiben. Schultern auch schön nach hinten fallen lassen."

"Ich will nicht runter fallen", gab cih ängstlich von mir und hielt mich nun mit beiden Händen am Sattel fest. Meine Hände wurden schwitzig.

"Jeder gute Reiter fällt schon mal herunter, ich habe irgendwann aufgehört zu zählen, wie oft ich am Boden gelandet bin", meinte ich lächelnd, fügte dann aber hinzu: "Allerdings hast du an der Longe im Schritt nicht so viele Möglichkeiten dazu, da kann eigentlich wirklich nichts passieren." Ich ließ Great Heart noch für etwa eine Runde im Kreis gehen, dann hielt ich ihn plötzlich an. Der Wallach reagierte brav, auch wenn er etwas verwirrt zu sein schien.

So ganz wusste ich nicht, ob ich der Lehrerin Glauben schenken sollte. Als Great Heart stehen blieb. kippte ich leicht nach vorne, richtete mich aber schnell wieder auf

"Das wird mit der Übung besser", meinte ich. "Versuch einfach, dich noch etwas mehr nach hinten zu lehnen. Wir wechseln jetzt mal die Hand, damit du auch die andere Seite kennen lernst." Ich holte Great Heart in die Mitte und hakte die Longe um.

"Ist das anders auf der anderen Seite?", fragte ich erstaunt

"Nun ja, meistens hat man eine bessere und eine schlechtere Seite, das Pferd oft auch. Guck einfach mal, ob du einen Unterschied merkst", meinte ich und ließ Great Heart wieder in den Schritt fallen.