Heute hatte ich die erste Reitstunde mit der neuen 9. Klasse. Ich durfte die Schüler gestern schon kennen lernen, wo ich eine Einführung in alles gab, was sie im Bezug auf die Pferde und den Reitbetrieb wissen mussten. An diesem Tag stand eigentlich Springen auf dem Stundenplan, doch da ich meine Schüler das erste Mal unter dem Sattel sah, baute ich diesmal keine Hindernisse auf. Gut gelaunt steuerte ich den Putzplatz an, wo John bereits die letzten Pferde anband, die er von der Weide geholt hatte. Die Schüler würden dazu ja keine Zeit haben, da sie direkt von einer anderen Unterrichtsstunde kamen. Sie mussten ihre Vierbeiner jetzt nur noch fertig machen. Ich wechselte ein paar Worte mit dem Pferdepfleger, bis die ersten ankamen.

Als die Kunststunde vorbei war, konnte es endlich zur ersten Reitstunde gehen. Ich war schon gespannt, wie Rocki unter dem Sattel war. Ich schloss mich Jacques und Denise an, um mit ihnen zusammen zum Putzplatz zu gehen, wo wir uns treffen sollten. Apple kam ja leider nicht mit, sie hatte ihre Longenstunden am Wochenende. Als wir ankamen, war unsere Reitlehrerin schon anwesend, die wir sogleich begrüßten, bevor wir uns unseren Pferden widmeten. Rocki hatte heute ausgezeichnete Laune, was wohl eindeutig daran lag, dass er diesmal nicht alleine am Putzplatz stehen musste. "Na Rocki? Bereit für unseren ersten Ritt?", flüsterte ich dem Wallach zu, der mich sofort neugierig beäugte.

"Schön, dass ihr alle pünktlich seid, dann kann es ja losgehen", meinte ich gut gelaunt und lehnte mich an einen Anbindebalken, wo ich alle gut im Blick hatte. "Dann könnt ihr jetzt eure Pferde putzen und satteln. Heute wollen wir noch nicht so viel machen, ich möchte mich vorerst nur von eurem reiterlichen Könnensstand überzeugen."

Dann würde das ja eher eine langweilige Stunde werden. Aber eigentlich fand ich es ganz nett von der Reitlehrerin, dass wir uns erstmal an unsere Pferde gewöhnen konnten. Meine Mitschüler und ich holten die Putzboxen und fingen an, unsere Pferde zu putzen. Dabei unterhielt ich mich etwas mit Denise über die vorige Kunststunde.

"Grundsätzlich habe ich nichts dagegen, wenn ihr euch während des Putzens unterhaltet", unterbach ich das Gequassel. "Heute möchte ich aber die Gelegenheit nutzen, euch etwas über eure Pferde zu erzählen. Also hört mir bitte zu!" Ich begann also damit, den Neuen die wichtigsten Charaktereigenschaften ihrer Pferde zu erklären. "Du kennst deine Angel ja schon seit einem Jahr, Viktor", schloss ich ab.

Wir hörten sofort auf zu reden, als uns Frau Chevalier dazu aufforderte. Aufmerksam hörte ich ihr zu, doch das meiste kannte ich sowieso schon von Herrn Meier. Sie wusste aber deutlich mehr von Sirocco zu erzählen als der Rektor, was ja nur natürlich war. Bis sie alle durch hatte, war ich auch schon mit dem Putzen fertig. "Können wir nun das Sattelzeug holen gehen?", fragte ich unsere Reitlehrerin.

"Klar doch, ihr wisst ja, wo ihr es findet. Ich bleibe währenddessen bei den Pferden", erwiderte ich und sah in die Runde. Alle Schüler hatten die Pferde sauber geputzt, ich hatte nichts daran auszusetzen.

"Sei brav", flüsterte ich meinem Pflegepferd zu, bevor ich den anderen in die Sattelkammer folgte. Ich stellte die Putzbox an ihren Platz, bevor ich Sattel- und Zaumzeug ergriff. Voll bepackt kehrten wir zurück und begannen damit, die Pferde reitfertig zu machen. Rocki wollte sich erst nicht die Trense anlegen lassen, doch mit einem kleinen Trick schaffte ich es dann doch.

Ich beobachtete die Schüler beim Aufsatteln und gab schließlich Celine ein paar Tipps, als Jessy sich extra dick machte, damit ihre Pflegerin nicht den Gurt schließn konnte. "Lasst euch von euren Pflegepferden nicht auf der Nase herumtanzen", sagte ich allgemein in die Runde. "Ihr seid der Chef und gebt vor, wo es lang geht. Pferde merken die Schwächen eines Menschen und nutzen das sofort aus. Die einen mehr, die anderen weniger."

Rocki machte mir keine weiteren Probleme mehr, weshalb ich recht schnell fertig wurde. Ich setzte meinen Helm auf und zog die Reithandschuhe an. "Ich bin bereit", gab ich fröhlich von mir.

"Immer langsam mit den jungen Pferden", bremste ich den Eifer des Mädchens. Ich hatte schon mitbekommen, dass Michelle eher zu den Quirligen gehörte. "Wir warten schon noch, bis alle soweit sind." Ich schaute mich um. Celine machte noch die letzten Handgriffe, dann waren alle soweit. "Gut, dann kann es ja losgehen", meinte ich. "Wir gehen in die Halle." Ich ging voraus, um das Hallentor zu öffnen.

Ich hatte nicht vorgehabt alleine loszustarten, aber wie Frau Chevalier meinte. Als alle fertig waren, ging ich als Erste hinter der Reitlehrerin los. Rocki schien gute Laune zu habe, kein Wunder, er hatte ja viele seiner Pferdekumpels bei sich. In der Reithalle marschierte ich zur Mittellinie, wo ich nachgurtete und die Steigbügel auf die richtige Länge einstellte. Die Länge stimmte natürlich nicht, da ich ja noch nie auf Rocki gesessen hatte.

Als alle Pferd-Reiter-Paare in der Halle waren, schloss ich das Tor. "Stellt euch auf der Mittellinie auf und kontrolliert den Sattelgurt sowie die Steigbügellänge", wies ich die Schüler an. "Die Länge stimmt dann, wenn der Bügelriemen in etwa eurer Armlänge entspricht. Wenn alles in Ordnung ist, könnt ihr aufsitzen und aufwärmen. Beginnt dabei erstmal alle mit der linken Hand."

Ich hörte nur mit halben Ohr zu, da ich sowieso wusste, wie ich es machen musste. Als ich aufstieg, spitzte Rocki schon gespannt die Ohren und wartete nur darauf, bis es endlich losging. Ich legte die Schenkel leicht an und schon schritt der Wallach los. Am Hufschlag bog ich links ab und ließ ihn anfangs am langen Zügel Ganze Bahn laufen.

Michelle bildete sofort die Tete, dahinter reihten sich Denise, Jacques, Viktor, Noël und Celine ein. "Nicht so rasen, bremse Sirocco etwas mit deinem Gewicht", kommentierte ich sogleich. Bei Jacques und Celine musste ich einige Sitzkorrekturen vornehmen, Viktor sollte die Zügel etwas länger lassen.

Ich versuchte, Rocki etwas zu verlangsamen, aber wirklich klappte das nicht. Deshalb ging ich schon auf den Zirkel, wodurch ich den Wallach etwas bremsen konnte. Nach einer Runde ging ich dann wieder auf die Ganze Bahn.

"Gut", sagte ich nur und ließ meine Gruppe weiter in Ruhe aufwärmen und sich an ihre Pferd gewöhnen.

Nach einer Weile fing ich an, mehrere Bahnfiguren einzubauen und auch mal die Hand zu wechseln.

"Noël, mehr treiben", forderte ich den Jungen auf. Nikita war mal wieder schwer in Gang zu bekommen, das kannte ich bereits aus eigener Erfahrung nur zu gut. Auch die anderen hatten ein paar Schwierigkeiten mit ihren Pferden, die einen mehr, die anderen weniger. Michelle machte ihre Sache gut, mich erstaunte es ein wenig, wie kooperativ Sirocco sich heute zeigte.

Rocki lief mittlerweile brav am Zügel und ging fleißig vorwärts. Wir probierten uns an einer einfachen Schlangenlinie, doch irgendwie klappte das nicht so, wie es sollte.