"Okay, das klappte ja schon ganz gut. Du solltest aber feinfühligere Hilfen geben", kommentierte ich. "Übe jetzt noch ein wenig Trab-Galopp-Übergänge auf der Ganzen Bahn, ich baue währenddessen die Cavalettis etwas um." Wirklich zufrieden war ich mit Jacquelines Leistung nicht, aber ich wollte nichts erzwingen. Es hatte jetzt einigermaßen funktionier, deshalb beließ ich es dabei. Als Abschluss für heute wollte ich nur noch eine Galoppreihe aufstellen.

Ich parierte in den Trab durch und galoppierte am Anfang der kurzen Seite an. Noch immer hatte ich nicht ganz verstanden, wie heftig meine Hilfengebung sein sollte, aber ich machte es so, wie bei Frau Heller gelernt: Erst fein, wenn es nicht klappte, etwas heftiger. Beim ersten Versuch brauchte ich die heftigere Hilfe, beim zweiten Versuch an der anderen kurzen Seite nicht. An den langen Seiten trabte ich.

"Das sieht besser aus als vorhin", bemerkte ich, während ich die fünf Cavalettis im Abstand von drei Metern hintereinander aufstellte. "Okay, reite die Stangen jetzt von A aus an, im Galopp. Geh schön in Julies Bewegungen mit." Ich trat etwas zurück, um mir Jacquelines Reiterei genau angucken zu können.

Endlich eine leichtere Übung, dachte ich bei mir. Ich galoppierte mein Pferd an und ritt gerade auf die Stangen zu. Ich brauchte nicht viel zu tun und schon flogen wir über die Reihe von Cavalettis hinweg. Diese Übung kannte ich von Frau Hellers Unterricht her.

mit diesr Übungen hatten die beiden augenscheinlich keine Probleme und Jacuqline gab den Absprungpunkt genau vor. "da das so gut geklappt hat, probieren wir es auch gleich auf der gebogenen Linie aus. Während ich die Cavalettis umbaue, gehst du Ganze Bahn im Schritt." Ich nahm dazu nur drei Cavalettis, das sollte für den Beginn reichen. Ich reihte die Stangen in einem leichten Bogen hintereinander auf.

Ich wechselte zurück in den Trab und in den Schritt. Plötzlich ging das so leicht. Warum nur? Ob die Lehrer nun mit Julies Arbeit zufrieden waren? Ich trieb das Pferd im Schritt weiter an, damit es ja nicht stehen blieb.

Als die Cavalettis nach meinem Ermessen richtig lagen, forderte ich Jacqueline auf: "Okay, jetzt galoppierst du über gebogenen Stangen. Pass auf, dass du im richtigen Galopp bist und den korrekten Absprungpunkt findest."

Ich trabte meinen Haflinger erst an, dann ging es im Galopp auf die Stangen zu. Wir kamen nicht ganz gerade darauf zu, jedoch doch einigermaßen gut darüber. Die zweite Stange fiel leider zu Boden, die dritte klappte wieder.

"Okay, versuch's mal von der anderen Seite aus", wies ich sie daraufhin an. Ich stellte schnell das gefallene Cavaletti wieder hin. Damit wollte ich es dann auch gut sein lassen für heute, alleridngs sollte es schon mit einem positiven Erlebnis enden.

Ich befolgte die Anweisung. Diesmal sah ich zu, dass wir gerade auf die Hindernisse zuritten und siehe da, alle drei Stangen blieben an ihrer Position, auch wenn Julie das erste Hindernis streifte.

"Gut, ich denke, das reicht für heute", meinte ich schließlich. "Oder möchtest du noch irgend etwas üben oder hast du Fragen?"

"Nein, alles ist klar", meinte ich etwas unsicher und parierte mein Pferd durch. Ich wagte mich nicht nach der Heftigkeit der Galopphilfe zu fragen, schließlich hatte ich keine Lust auf sarkastische Bemerkungen.

Ich glaubte zwar nicht ganz daran, dass für Jacqueline alles passte, aber ich beließ es dabei. Ich bin sicher nicht diejenige, die für solches Zeugs zuständig ist. Wenn sie nicht reden wollte, ist das nicht mein Problem. "Okay, dann Zügel lang lassen und trocken reiten. Loben nicht vergessen", kommentierte ich also nur. Ich begann damit, die Cavalettis zurück in den Nebenraum zu schleppen.

Ich ließ die Zügel im Schritt lang und mein Pferd ging außen herum. Ich war froh, dass die Stunde bald vorbei war und streichelte mein Pferd vorsichtig. Ich kam mir dabei immer etwas blöd vor. Dann kraulte ich die Stute am Widerrist und hoffte, so einen guten Eindruck zu hinterlassen. Ich hatte das mal bei Herrn Schmitt gesehen, dass er ein Pferd am Widerrist krault.

Als ich die letzte Stange sicher verstaut hatte, kam ich zurück in die Mitte der Halle und blieb gemütlich dort stehen. "Du musst noch an den genauen Übergängen arbeiten", fing ich mit einem kurzen Feedback an. "Beginne vielleicht mit Schritt-Trab- bzw. Trab-Schritt-Übergängen, dann fällt es dir vielleicht bald leichter. Außerdem musst du noch viel am Zusammenspiel deiner Hilfen arbeiten. Es gibt nicht nur Zügelhilfen, sondern auch Schenkel- und Gewichtshilfen, die du mehr einsetzen kannst. Und wehe, ich erwische dich noch einmal dabei, wie du einem Pferd im Maul rumreißt!"

"OK", nickte ich. Ganz verstand ich es noch immer nicht, aber vielleicht konnte mir Jaline mal Näheres erklären? Leider ist sie ja nicht mehr lange hier. Mein Pferd schritt nun gemütlich vor sich hin. Es senkte den Kopf.

Ich beobachtete die Schülerin samt Pferd die letzten Minuten ohne weitere Kommentare. Als Julie so gut wie trocken war, schlug ich vor: "Du solltest dein Pferd abwaschen, zumindest die Beine abspritzen. Bei der Hitze gefällt ihr das bestimmt." Und heiß war es eindeutig. Ich komme ja aus dem Norden von Frankreich und da ist der Unterschied noch viel deutlicher zu merken. Schon die ganze Woche über hatte es immer um die dreißig Grad und auch in den Nächten kühlte es kaum ab.

Wieder sagte ich nur: "OK, werde ich machen." Auch das noch. Das gehörte hoffentlich noch zum Unterricht dazu. Zum Reiten hatte ich nie eine Uhr um, also wusste ich nun auch nicht, wie spät es war. Vor dem Essen wollte ich mich eigentlich noch ausruhen, aber wenn ich jetzt noch nach dem Unterricht das Pferd waschen sollte, würde dafür sicher keine Zeit bleiben.

(Das ist natürlich nicht in den 50 Minuten enthalten. Als Info für Jacqueline. Sollen wir übrigens nach dem Trockenreiten aufhören?)

Nach einer weiteren Minute meinte ich: "So, du kannst jetzt aufhören. Bei X halten und absteigen." Ich fuhr mir kurz mit den Fingern durch meine Lockenmähne. Bei solch heißen Wetterlagen wie heute sehe ich immer schrecklich aus, aber egal. Die Pferde mögen einen schließlich trotzdem und das ist das, was zählt.

(Es sind 2 Stunden. Von 10 bis 12, sry, dass ich dir das nicht so gesagt habe. Kann sein, dass ich es vergessen habe. Es sind ja auch immer 2 Springstunden pro Woche.)

Endlich. Ich hielt mein Pferd bei X und schwang mich so übereifrig von der Stute, dass ich fast hinfiel. Da erblickte ich wieder Herrn Meier auf der Tribühne. Den hatte ich fast vergessen. Ich schob die Steigbügel ordentlich hoch.

(Oh, okay, aber es zählt trotzdem nicht zum Unterricht.)

"Gut, ich denke, du kommst jetzt alleine klar?", fragte ich Jacqueline, als diese abgestiegen war. Eigentlich hatte ich nämlich keine Lust dazu, einer Schülerin beim Waschen ihres Pferdes zuzusehen. Deshalb hoffte ich darauf, dass sie mich nicht unnötig aufhalten würde.

(Aha, Frau Chevaliers Prinzipien. xD Ich bin nun übrigens auch reiten.)

"Ich denke schon", meinte ich unsicher und fügte schnell fragend hinzu: "Können Sie mir bitte sagen, wie spät es ist?" Da kam gerade Herr Meier von der Tribühne und auf uns zu.

"Gut", gab ich kurz zurück. Über ihre Frage, die sie daraufhin stelte, war ich leicht verwundert. Allerdings verkniff ich mir eine spitze Bemerkung, sondern blickte auf mein Handy und erteilte bereitwillig Auskunft: "Es ist 11:49 Uhr, um genau zu sein." Dann guckte ich Herrn Meier entgegen, der auf uns zu kam. Was der bloß von uns wollte? Hoffentlich regte er sich nicht darüber auf, dass ich den Unterricht um eine Minute zu früh beendet hatte. Bei dem kann man eben nie wissen.

(Gute Idee. xD Die Stunde dauert ja bis 12:00 Uhr. Und keine Sekunde länger oder kürzer. xD)

"Guten Tag", grüßte Herr Meier in seinem ruhigen, aber strengen Tonfall. "Guten Tag, Herr Meier", antwortete ich freundlich lächelnd. Dann ging er zu meinem Pferd und streichelte es. "Gut gemacht, Julie", lobte er das Pferd. Ich war immer wieder erstaunt darüber, wie freundlich er mit den Pferden umging, die davon wahrscheinlich wenig hatten. Er könnte ja mal mich loben. Ich würde mich auf jeden Fall darüber freuen.

(Eine Reitstunde hat ja anscheinend immer nur fünfzig Minuten. Ich dachten, wir haben um 10:10 Uhr begonnen und dann eben 2x 50 Minuten. Aber ich erkläre es Herrn Meier sonst noch einmal gerne.)

"Hallo!", grüßte ich Herrn Meier ebenfalls und wagte meine Frage offen heraus. "Wie hat Ihnen die Reitstunde gefallen?" Ich bin noch immer per Du mit Herrn Meier, denn er hat mir noch nichts anderweitiges angeobten. Ich kann ihn immerhin schlecht fragen, ob wir uns duzen sollen. Das leutet sogar mir ein. Mir gefiel es übrigens sehr, wie er mit Julie umging. Das hätte ich ihm gar nicht zugetraut. Aber die gute Stute hatte es verdient, Jacqueline war mit ihr ziemlich hart umgesprungen.