"Da kann man sicher viel falsch machen", meinte ich nur noch. Jetzt war ich mit dem Schweif fertig. Nun ging es wohl ans satteln. Hatte ja die neue Reitlehrerin vorhin erläutert. Aber war sie jetzt noch der selben Meinung? Vorsichtig hob ich den Sattel auf.

"Nur, wenn du es nicht richtig lernst oder mir dieser Einstellung an die Sache rangehst. Wie gesagt, unter den Umständen lassen wir das lieber", entgegnete ich gereizt. Ich habe nun wirklich keine Lust, einer unwilligen Schülerin in meiner Freizeit etwas beizubringen. Das hat überhaupt keinen Sinn. Und jetzt arbeitete sie schon wieder so zögerlich? War sie wirklich noch so unsicher, dass sie nicht einmal die täglich wiederkehrenden Handlungen anständig durchführen konnte?

Wieso war Frau Chevalier schon wieder so gereizt? Was passte ihr schon wieder nicht? Vorsichtig legte ich den Sattel mit der Sateldecke darunter auf das Pferd, kurz vor den Widerrist. Dann zog ich den Sattel vorsichtig nach hinten. Ich wechselte die Pferdeseite, um den Gurt herunterzulassen.

Ich hatte nichts mehr zu sagen, denn von Jacqueline war sowieso nie eine Antwort zu erwarten. Eine so demotivierte Schülerin hatte ich bisher noch nie. Das konnte ja heiter werden, hoffentlich war sie hier die Einzige solcher Art. Die anderen Reitstunden sind allerdings bisher ganz gut gelaufen, deshalb nehme ich mal das Beste an. Vielleicht wird sie dann ja auch beim Reiten konzentrierter und aktiver?

Ich schloss den Gurt locker, kontrollierte nochmal die Lage der Decke auf beiden Seiten, wobei ich hoffte, dass das nicht schon wieder zu viel an Ordnung war, zog dann den Gurt etwas fester an und zog der Haflingerstute das Halfter vom Kopf. Ich hängte das Halfter auf einen Haken.

Das Satteln machte sie ganz ordentlich, doch dann nahm sie das Halfter ganz runter. Ich kommentierte: "Das Halfter über den Hals streifen, damit Julie noch angebunden ist. Sicher ist sicher." Ich nahm das Halfter wieder vom Haken und zeigte vor, wie ich mein Gesagtes meinte. "So, jetzt kannst du weitermachen", meinte ich schließlich.

Bei Frau Heller durfte man es immer gleich ganz abnehmen. Das sagte ich nicht laut, schließlich war mein Bedarf an blöden Kommentare für heute schon gedeckt. "OK", nickte ich deswegen nur. Nun griff ich zum Zaumzeug, streifte es vorsichtig über und verschloss es dann.

"Gut, dann wollen wir nun auch endlich mal los. Vergiss deinen Helm nicht", meinte ich und ging neben Julie und Jacqueline her zur Reithalle. "Ich hab die Reithalle reserviert, sodass wir nicht gestört werden", erklärte ich. An der Halle angekommen, öffnete ich nach einem kurzen "Tür frei" das Tor und ließ die beiden hinein, bevor ich es hinter mir wieder schloss.

Hektisch sah ich das Halfter an. Wie entfernte man das nun wieder? Ich öffnete es, dann fiel mir aber Gott sei Dank auf, dass ich es über die Zügel ziehen musste, damit ich es abmachen konnte. Nun folgte ich Frau Chevalier mit meinem Reitpferd, welches hinter mir herging.

Ich blieb an der Bande stehen und überlegte kurz. Dann erläuterte ich: "Okay, du fängst jetzt einfach mal mit Aufwärmen an. Ich baue währenddessen schon mal ein paar Cavalettis auf." Ich wartete ab. Zu Beginn wollte ich Jacqueline noch etwas beobachten, um zu sehen, wie sie zurecht kam.

Mir war die Lust am Reiten endgültig vergangen. Bei der Vorstellung, dass mich die Reitlehrerin ständig anmotzen würde, kriegte ich die Krise. Trotzdem gurtete ich vorsichtig nach, ließ die Steigbügel herunter und schwang mich aufs Pferd. Ich ritt im Schritt Ganze Bahn los.

Ich guckte Jacqueline eine Weile zu. "Gerade und locker sitzen. Stell dir vor, an deinem Hinterkopf wäre ein Faden befestigt", kommentierte ich. "Schultern entspannt hängen lassen. Atme tief ein, ziehe die Schultern nach oben und lasse sie beim Ausatmen lässig nach hinten fallen. Dann ist das richtig." Ich ging langsam in Richtung Gerätekammer, die an der kurzen Seite bei A lag. Dabei behielt ich Jacqueline jedoch noch in meinem Blickfeld.

Was soll das jetzt? Ein Faden? Ich verstand das nicht, versuchte jedoch, ruhig zu atmen. Weiterhin ließ ich mein Pflegepferd auf der Ganzen Bahn dahingehen.

"Hände ruhiger halten. Bleib etwas lockerer in den Schultern und Ellbogen", erläuterte ich weiter. Ich erreichte die Gerätekammer. Bevor ich diese betrat, meinte ich noch: "Bring etwas mehr Abwechslung rein. Durch die ganze Bahn wechseln, Zirkel, usw. Julie schläft dir sonst noch ein." Ich begann nun damit, das erste Cavaletti heruaszuholen. Ich beschloss, die Stangen auf der Mittellinie zu platzieren. Ich legte sie so hin, dass sie flach auf dem Boden lagen, d. h. die niedrigste Einstellung hatten. Jacqueline ließ ich jedoch nie aus den Augen.

Ich versuchte, die Hände ruhiger zu halten, aber dabei verkrampfte ich mich nur. Wie angeordnet wechselte ich durch die Ganze Bahn und ging bei C auf die Große Tour.

"Locker reiten! Wie oft soll ich das noch sagen!", rief ich ihr zu. "Ich dachte, du reitest nicht erst seit gestern!" Ich holte noch zwei Cavalettis, drei würden für den Anfang reichen. Den Abstand maß ich mit meinen Schritten aus, für den Schritt sollte dieser ungefähr 80 Zentimeter sein. Als das erledigt war, blieb ich in der Mitte der Bahn stehen.

Wie schon so oft während eines Rittes wäre ich am liebsten abgestiegen und weinend davongerannt. So reagierte ich einfach gar nicht auf Frau Chevaliers Anweisung. Ich blieb weiter auf der Großen Tour.

"Hörst du mir überhaupt zu?", fauchte ich sie an. "Ich mein, ich kann schon reiten, für mich machen wir das nicht. Wenn du keine Lust hast und dich überhaupt nicht bemühst, können wir gerne abbrechen." Schön langsam brachte mich dieses Mädchen auf 180. "Im Übrigen bekommt Julie noch einen Drehwurm, wenn du die ganze Reitstunde lang im Kreis reitest", bemerkte ich noch sarkastisch.

"Ja, ich höre Ihnen zu", antwortete ich. Ich war es mir von Herrn Meier gewohnt, immer ordentlich zu antworten. Diesmal zitterte meine Stimme allerdings. Ich hoffte, dass es Frau Chevalier nicht bemerkte. Hektisch lenkte ich Julie wieder auf die Ganze Bahn. Die Stute reagierte brav, aber sie war wohl etwas verwirrt.

"Dann befolgte meine Anweisungen wenigstens. Wenn du mich nicht brauchst, kannst du gerne alleine weiter machen", gab ich zurück. Als Jacqueline zurück auf den Hufschlag kam, fauchte ich sie an: "Reiß Julie nicht so im Maul raum, das arme Pferd! Es gibt auch noch Schenkelhilfen. Außerdem mehr treiben. Julie macht ja schon ein Nickerchen unter deinem Hintern."

Ich wusste nicht mehr, was ich sagen sollte. War hoffentlich auch nicht notwendig, schließlich hatte mich Frau Chevalier nichts gefragt. Ich versuchte mich noch mehr aufzurichten und ordentlich mit der Wade zu treiben.

Meine Bemühungen hatten vorerst anscheinend leichten Erfolg. Zumindest machte Jacqueline ihre Sacher langsam besser. Julie trat nun eifriger vorwärts. Nachdem das Mädchen wieder ein paar Ganze Bahnen geritten war, forderte ich: "Okay, bei der nächsten langen Seite eine einfache Schlangenlinie, ein Bogen. Dann durch die ganze Bahn wechseln."

Ich befolgte die Anweisungen. Erst wollte mein Pferd nicht von der Bande weg, dann schaffte ich es doch. Der Wechsel durch die Ganze Bahn klappte tadellos.

"Etwas genauer reiten, aber sonst okay", kommentierte ich und ließ sie erst einmal wieder eine Ganze Bahn reiten. Dann forderte ich: "Bei A gehst du jetzt auf den Zirkel, eine Runde. Danach auf der langen Seite Trab, Ganze Bahn." Aufmerksam beobachtete ich die Schüerlin. So langsam schien sie zu verstehen, dass in mein Unterricht nicht zum Ausruhen gedacht ist.

Auf der Großen Tour hatte ich wieder meine Probleme. Zur offenen Seite hin flachte ich den Kreis ganz schön ab. An der langen Seite trabte ich die Stute dann an. Brav trottete sie im Trab dahin.