"Ich will Julie nicht zu sehr quälen", entfuhr es mir. Am liebsten hätte ich mir auf die Zunge gebissen. Ich wurde mal wieder rot und fügte hinzu: "Das schaffen wir nicht."

"Und du glaubst wirklich, ich würde dir etwas vorschlagen, womit du die Pferde quälst?", antwortete ich knapp. "Und ja, mit dieser Einstellung schaffst du es sicher nicht."

"Natürlich glaube ich das nicht", gab ich stockend zur Antwort. Ich wusste es immer schon. Es Leuten auf einem Reitinternat recht zu machen, ist ein schweres Unterfangen. Pfeffer spielte nun mit den Ohren. Würde er gleich nochmal durchgehen?

"Dann spricht ja nichts dagegen, es einmal auszuprobieren", meinte ich daraufhin. "Ich zeige es dir sonst noch mal in einer der nächsten Reitstunden. Oder ich sehe kurz vorbei, wenn du gerade alleine reitest und ich irgendwo in der Nähe bin."

"Nein", murmelte ich, "Aber nicht, dass wieder etwas schief geht." Ich war angespannt, Pfeffer auch. Was führte er im Schilde? Nervös blickte ich zu meiner Reitlehrerin.

"Was soll bei einer Volte schon schiefgehen?", antwortete ich. "Unter korrekter Anleitung schaffst du das locker, immerhin reitest du nun auch schon eine Weile. Du willst ja auch voran kommen. Und jetzt reite noch ein paar Runden locker im Schritt, Pfeffer ist schon ganz angespannt."

Diese Frau war einfach immer zu optimistisch! "Okay", antwortete ich nur kleinlaut. Nur wie sollte ich Pfeffer nun locker bekommen? Ich dachte an Jaline. Ob sie enttäuscht sein würde?

Ich beobachtete das Schauspiel eine Weile und machte mir ein paar Gedanken zu dem Mädchen.

Ich versuchte mich zu konzentrieren, was mir schwer fiel. Immerzu usste ich an Jaline denken und dass es ihr sicher nicht gefallen würde, wenn Pfeffer unter mir so verspannt lief. Noch dazu beim Trockenreiten. Ich ließ die Zügel länger und hielt mich dabei kurz mit einer Hand am Vorderzwiesel fest, falls Pfeffer buckeln würde. Er tat es nicht, sondern schritt weiter vorwärts. Ich hoffte, das Schlimmste der Stunde überstanden zu haben. Ich dachte an Pfeffers Galopp und mir schauderte.

"Siehst du, jetzt läuft er wieder besser", kommentierte ich und ging dabei ein wenig in der Hallenmitte hin und her.

Er hat wohl auch seine Launen, dachte ich bei mir. Ob man das sagen durfte? Aber diese Reitlehrerin fand wahrscheinlich alle Pferde perfekt. Schuld waren doch immer die Reiter. Also lieber Klappe halten. "Ja", bestätigte ich nur brav und konzentrierte mich weiter, um nicht doch noch von Pfeffer zu fallen, falls er durchgehen würde.

"Willst du die Woche noch eine weitere Reitstunde mit ihm nehmen?", fragte ich schließlich nach. "Vielleicht eine Springstunde?" Ich traute es ihr auf jeden Fall zu, dass sie mit Pfeffer auch im Parcours irgendwie klarkommen würde. Man müsste ihn eben zuerst etwas auspowern, aber dann würde es sicherlich ganz gut laufen können. Wenn Jacqueline mitspielte natürlich!

Irgendwie war die Frau völlig verrückt. "Ich glaube kaum, dass das Jaline recht wäre", antwortete ich deshalb diplomatisch, "Aber ich könnte sie ja fragen." Hatte ich wirklich vor, denn wenn Jaline wollte, dass ich auf Pfeffer springe, dann muss ich wohl, auch, wenn ich von vorne herein wusste, dass das niemals klappen konnte. Warum checkt Frau Chevalier das nicht?

"Ich glaube kaum, dass Jaline etwas dagegen hätte. Sie hat ihn dir nun mal anvertraut und Pfeffer liebt jede Art von Arbeit", erwiderte ich freundlich. "Aber frage sie gerne noch einmal."

"Nicht, dass ich etwas mit ihrem Pferd mache, was ihr nicht passt", erklärte ich noch kurz. Pfeffer schritt jetzt wieder friedlich voran.

"Nun ja, sie wird dir doch schon vorher gesagt haben, was du mit ihm machen sollst bzw. kannst", erwiderte ich schulterzuckend. Ich guckte dem Pferd-Reiter-Paar weiterhin zu.

"Über das Springen haben wir nicht geredet", gab ich zu. Schließlich war Jaline nicht ganz so verrückt wie diese Reitlehrerin.

"Na wenn sie nichts Gegenteiliges gesagt hat, ist es sicherlich okay", vermutete ich einfach mal. "Ich denke übrigens, du kannst jetzt aufhören."

Ich konnte ein erleichtertes Seufzen nicht unterdrücken, als ich abstieg. Beim Absteigen wäre ich fast hingefallen, was mich rot werden ließ. Ich hielt mich aber glücklicherweise noch am Vorderzwiesel fest. Ich schob die Steigbügel hoch und lockerte den Gurt etwas.

"Und wie findest du ihn zum Reiten?", erkundigte ich mich. "Er ist ja doch etwas anders als Julie." Ich ging voraus zur Hallentür, um sie für das Pferd-Reiter-Paar zu öffnen.

Etwas? Die Frau war gut. "Ganz okay", meinte ich etwas unsicher und wendete Pfeffer Richtung Ausgang. Brav trottete der Wallach neben mir her.

Daraufhin sagte ich nichts, mehr war wohl sowieso nicht aus ihr herauszubekommen. "Brauchst du noch meine Hilfe?", erkundigte ich mich stattdessen.

"Nein, danke", meinte ich tapfer, "Und danke für die Reitstunde."

"Immer wieder gerne", erwiderte ich aufmunternd. "Viel Spaß noch mit Pfeffer, er ist ein toller Kerl. Und wegen einer weiteren Reitstunde meldest du dich dann einfach bei mir."

Dass mir das viel Überwindung kosten würde, war mir klar, trotzdem dankte ich nochmal höflich und verschwand mit Pfeffer Richtung Putzplatz.