"Nun zeige ich dir dein Pflegepferd, wenn du willst", meinte ich freundlich.

Ich war etwas überfordert mit der Situation, ließ mir aber nichts anmerken und gab ruhig Auskunft: "Du bist doch dafür hier, um den Umgang mit Pferden und das Reiten zu lernen. Jeder hatte mal damit angefangen. Außerdem bist du nicht die erste Schülerin, die hierher kommt und noch nie zuvor auf einem Pferd saß." Ich ging Richtung Tür und war froh, wegsehen zu können. Ich würde es nicht aushalten, wenn Apple-May nun weinte. "Erst zeige ich dir den Stall", erklärte ich, "Auch wenn die Pferde draußen sind. Wir holen das Halfter für Great Heart, so heißt dein Pflegepferd. Dann werden wir den Wallach von der Koppel holen."

Wir betraten den Stall durch das große Tor und ich führte Apple-May zu Great Hearts Box. "Das ist Great Hearts Box. Sie ist auch beschriftet, falls du dir mal nicht sicher bist", erklärte ich, "Jedes Halfter hängt am entsprechenden Haken, wie du hier siehst." Ich nahm das Halfter vom Haken.

"Dann gehen wir mal zur Weide", schlug ich fröhlich vor. Es stimmte mich immer gleich gut, wenn es zu den Pferden ging. Beim Näherkommen suchte ich mit den Augen schon die Koppel ab. Great Heart zu finden, war nicht schwer. Er überragte all seine Weidekollegen. Noch vor dem Betreten der Weide deutete ich auf ihn. "Das gescheckte Pferd", erläuterte ich, "Er ist ein ganz ein liebes Pferd."

"Wir gehen einfach zu ihm", erklärte ich, "Wenn ihr euch länger kennt, kommt er wahrscheinlich von selbst näher, aber das kann dauern." Ich zeigte Apple-May, wie man das Weidetor öffnete und wies sie darauf hin, es hinter sich immer zu schließen.

"So, nun können wir uns Great Heart nähern", erklärte ich, "Es ist wichtig, das Pferd immer anzusprechen, bevor man sich nähert. Wichtig ist nicht der Inhalt der Worte, sondern, dass das Pferd merkt, dass man kommt und sich nicht erschreckt. Erschreckt sich ein Pferd, läuft es davon." Great Heart stand nicht weit weg und hob den Kopf, als ich mich näherte. "Hallo", sprach ich das Pferd schon fast liebevoll an und der Wallach sah neugierig zu uns.

"Natürlich", antwortete ich ernst, "Great Heart wird es dir nicht übel nehmen. Nun zum Aufhalftern. So nennt man es, wenn man dem Pferd das Halfter anzieht. Du nimmst das Halfter am Genickstück und ziehst es dem Pferd mit einer ruhigen Bewegung über den Kopf. Dabei fädelst du die Nase unter den Nasenriemen." Ich zeigte es Apple-May vor. "Nun brauchst du nur noch die eine Schnalle schließen. Am Strick hältst du dann das Pferd sozusagen fest. Dabei darfst du den Strick ruhig etwas länger lassen, allerdings nicht zu lang, damit das Pferd nicht hineintritt. Es ist auch wichtig, dass du das Ende des Stricks festhältst und dir nicht um die Hand wickelst. Sollte sich das Pferd mal wider Erwarten erschrecken und zur Seite hüpfen, brichst du dir nicht gleich das Handgelenk. Du darfst Great Heart ruhig mal streicheln." Ich hielt den Strick fest, Great Heart schnupperte schon begeistert an Apple-May.

"Wie gesagt, Great Heart ist ganz nett", erklärte ich strahlend lächelnd und ein bisschen stolz, "Wenn du magst, können wir ihn zum Putzplatz führen und du darfst ihn putzen. Putzen dient bei Pferden nicht nur der Reinigung, es stärkt auch die soziale Bindung."

"Deshalb bin ich ja dabei, um es dir zu zeigen", erklärte ich ruhig, "In Zukunft wird dir die Reitlehrerin sicher gerne weiterhelfen. Oder andere Schüler. Du kanst Great Heart ruhig selbst führen." Ich hielt Apple-May den Führstrick hin.

"Genau so", lächelte ich, "nun brauchst du nur noch losgehen. Einfach ganz normal losgehen. Great Heart folgt dir sicher, er ist ja schon gespannt auf dich." Ich lächelte zum Pferd und ging neben Apple-May her, um zu sehen, wie es ihr beim Führen geht.

"Ich halte dir das Tor auf, geh einfach hindurch", erklärte ich hilfsbereit und öffnete das Weidetor.

"Warte mal kurz, also bleibe einfach stehen", meinte ich ruhig, während ich das Tor schloss, "Ich zeige dir gleich, wohin."

Als das Tor geschlossen war, ging ich voraus Richtung Putzplatz.