Ich wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als Nina zur Tür hereinspazierte. Ich nickte ihr kurz zu und überlegte einen Augenblick. Schließlich antwortete ich: "Vom Leistungsstand her hinkt sie ihrer Klasse natürlich einiges hinterher. Wir haben heute nur Cavalettis und einen Steilsprung ausprobiert. Du kannst sie ja selbst fragen, jetzt wo sie da ist." Ich machte mich schon mal auf einen Ausbruch gefasst, der sicherlich bald folgen würde. Michael und Nina kamen wohl einfach nicht miteinander aus. Ich hatte da auch keine Lust, noch Öl ins Feuer zu gießen, indem ich erzählte, wie Nina sich in der Stunde verhalten hatte.

Ich heilt kurz inne. Ich hatte befürchtet dass er mich das jetzt fragte. "Geht so...", sagte ich leise und blieb mit dem abstehe wie ich gerade stand zu den Lehrerin stehen. Hoffentlich sagte frau Chevallier nicht dazu...

Zwei Ansichten zu der Art der Hindernisse konnte es zwar eigentlich nicht geben, aber wie er meinte. Nina war auch mal wieder äußerst gesprächig in beisein von Michael, deshalb fügte ich hinzu: "Wenn sie sich Mühe gibt, schafft sie den Anschluss zu den anderen sicher noch."

Ich senkte sofort meinen Blick. "Es...ging wenig...wurde aber...glaub ich besser...", sagte ich unsicher.

Ich aß weiter an meinem Apfel und sagte erstmal nichts mehr. Michael interessierte sich momentan nämlich eher für Nina. Ich half der Schülerin aber auch nicht mehr weiter, denn ich ärgerte mich schon noch ziemlich über ihr Verhalten in der Reitstunde. Ich hatte mir echt Mühe gegeben und sie jammerte nur rum.

Ich sah ihn unsicher an und warf Frau Chevallier einen hilfesuchenden Blick zu. "Die Cavalettis gingen...so halbwegs...am angfang..."

Nina erwartete sich jetzt doch tatsächlich noch von mir, dass ich ihr wieder zur Seite stand. Nachdem sie vorhin so gegen mich gearbeitet hatte, wartete ich nun allerdings erstmal ab, bevor ich eingriff.

"Äh...naja...in der Mitte hatte ich wieder ziemlich Angst...", sagte ich leise und eher wiederwillig. Wieso wollte er das immer wissen?!

Mir fiel auf, dass sich Nina tatsächlich nicht für meine Reitstunde bedankt hatte. Eigentlich machte ich meinen Unterricht gerne, da brauche ich keinen großen Dank dafür. Doch irgendwie gehörte es sich eben doch. Egal, das war jedenfalls nicht das, was mich an Nina gerade störte.

Ich atmete durch, nachdem ich deutlich zusammen gezuckt war. Ich würde jetzt lieber gehen, aber ich wusste, dass ich dann noch größere Probleme bekommen würde. Wieder warf ich Frau Chevallier einen unsicheren und hilfesuchenden Blick zu. "Ganz am Anfang...hat es glaub ich noch relativ gut geklappt...aber...als die Cavalettis höher waren und mehrere hintereinander nicht mehr..."

Es war abzusehen gewesen, dass Michael wieder austicken würde. Mittlerweile konnte ich ihn da sogar schon ein bisschen verstehen, wer weiß, wie Nina sich bisher so benommen hatte. Trotzdem musste er ja nicht glei so rumschreien, das würde doch sowieso zu nichts führen. Wie immer dasselbe. Nina erwartete wohl von mir, dass ich sie unterstützte. Das würde ich normalerweise auch machen, aber nicht nach dieser Reitstunde. Sie hatte mich einfach allgemein wegen der Sache mit den Springen ziemlich enttäuscht.

Ich nickte. "Tschüss...", sagte ich leise und ging schnell zur Tür.

Es erstaunte mich immer wieder, wie schnell Michaels Ausbrüche dann wieder vorbei waren. Jetzt wollte er wohl mit mir alleine sprechen, da von Nina nicht viel herauszubekommen war. "Tschüss Nina", verabschiedete ich mich von der Schülerin. Mehr verkniff ich mir, zwischen uns war schließlich vorerst alles gesagt.

Ich bemerkte Michaels kurzen Stimmungswandel sehr wohl. Ich wusste ja schon länger, dass ihm viele Dinge näher gingen, als er es jemals zugeben würde. Doch ich ging nich darauf ein, schließlich war es nicht meine Sache. Deshalb antwortete ich gleich: "Natürlich hängt sie ihrer Klasse hinterher, wo sie doch so lange nicht gesprungen ist und dahingehend nie geübt hat. Ihre Probleme liegen sowohl bei der Technik als auch in der Höhe. Sie wird also noch einige Einzelstunden benötigen, wenn sie das noch aufholen un das Klassenziel erreichen möchte. Sie weiß, dass sie jederzeit zu mir kommen kann, wenn sie für weiteren Unterricht Zeit hat." Ich war mit meinem Apfel fast fertig.

"Es gibt noch keinen neuen Termin", erwiderte ich schulterzuckend, "aber vielleicht überlegt sie es sich ja noch." Ich stand kurz auf, um das Überbleibsel meines Apfels in einem Abfalleimer zu versenken. Danach kehrte ich zum Tisch zurück.

"Ja, ist sie. Nur ihre Technik ist wirklich nicht gut", gab ich Auskunft, ohne alles genauer auszuführen. Zu Michaels letzter Aussage meinte ich: "Sie ist eben mitten in der Pubertät. Da gehört das eigenartige Verhalten wohl dazu." Ich erinnerte mich an meine Teenagerzeit zurück. Ich hatte auch so meine Probleme, aber auf meine Art und Weise eben. Sicher hatte ich mich nicht so aufgeführt wie Nina. Ich dachte lieber gar nicht darüber nach, was mir geblüht hätte, wenn ich bei meinem Vater eine Reitstunde geschwänzt hätte ... Nun ja, auf eine solche Idee wäre ich gar nicht erst gekommen.