Ich kam wieder und sah die beiden ganz kurz an und räumte dann den Putzkasten weg und fegte

Ja, ich hatte Recht, Michael wollte doch noch mit mir reden. "Klar gerne", antworete ich ohne Umschweife. "Wollen wir dazu in mein Büro gehen? Hier am Putzplatz rumzustehen, ist nicht allzu bequem." Nina kehrte noch einmal kurz zurück, ich sprach sie allerdings nicht mehr an. Warum auch? Ich hatte ihr vorläufig alles gesagt, was ich zu sagen hatte.

Ich ging wieder zu Golden, setzte mich zu ihm in die Box und weinte. "Acu Golden...ich will das nicht..."

Michael schien mir nun wieder gut drauf zu sein, aber ich erhoffte mir nicht zu viel davon. Ich wusste ja mittlerweile nur zu gut, wie schnell seine Stimmungen schwanken konnten. Wir gingen also direkt zu meinem Büro neben der Sattelkammer. Ich räumte das Zeug, das auf dem zweiten Stuhl hier im Raum lag, beiseite und schob in an den Schreibtisch. Ich selbst setzte mich auf meinem Schreibtischstuhl auf der anderen Seite hin. Fragend und auch erwartungsvoll blickte ich Michael entgegen.

Ich hockte beim Pony in der Box und weinte. Golden stubbste mich immer wieder an und versuchte wieder mich aufzumuntern, was aber nichts brachte

("Brauchen" wir Nina noch oder kann sie schon aussteigen?)

Ich war etwas verwirrt. Mit allem ätte ich gerecnet, nur nicht damit. Seit wann entschuldigte der sich? Nun ja, bei ihm ist wohl alles möglich. Ich erwiderte also offen seinen Blick und antwortete: "Du wirst schon deine Gründe gehabt haben, das zu machen. Nur, anders hätte ich meine Stunde vielleicht noch ordnungsgemäß beenden können."

(Ich kann ruhig aussteigen...sagt Bescheid wenn ihr mich nochmal braucht.)

Ich saß weiter bei Golden rum und weinte. Wieso konnten die Lehrer mich eigentlich fast alle nicht leiden.

(Also Anna hat nie was davon gesagt, dass sie Nina nicht leiden kann...)

Michael traute es mir wohl nicht zu, ordentlich auf seine Pferde aufzupassen. Entrüstet erwiderte ich: "Dem Pony geht es ausgezeichnet bei Nina, finde ich. Wenn dem nicht so wäre, wäre ich die Erste, die dagegen vorgehen würde." Ich hielt kurz inne, um wieder etwas runterzufahren. Jezt ging es schließlich darum, meinem Chef plausibel zu erklären, wie mir es passieren konnte, dass Nina mich vier Monae lang an der Nase herumgeführt hatte. "Ja, was war los", begann ich direkt. "Nina ging es seit Schulbeginn nie gut vorm Springunterricht. Ich schickte sie daraufhin immer rein, um sich etwas hinzulegen. Bis heute hatte ich auch keinen Grund zu zweifeln, da Nina eigentlich immer gut in meinen Stunden mitarbeitet und sonst auch sehr offen ist. Nun ja, in letzter Zeit machte ich mirdann schon mal Gedanken darüber und leider zurecht." Ich stoppte und wartete auf Michaels Reaktion. Ich fürchtete mich nicht vor seinen Ausbrücen, doch die Situation war trotzdem nicht optimal für mich.

Wie erwartet ging es nun richtig los. Bei Michael musste man ja auch immer genau aufpassen, was man sagte. "Ich schicke doch die Kids nicht wegen jeder Kleinigkeit zum Arzt", meinte ich allerdings hitzig. "Ich weiß aber selbst, dass ich einen Fehler begangen habe, falls du das meinst. Doch, und ich denke, dass werde ich auch in Zukunf so halen, ich vertraue meinen Schülern. Bei Nina gab es nun wirklich keinen Grund, warum ich das nicht hätte tun sollen."

"Angeblich war ihr immer übel", bemerkte ich kurz. Ach herrje, musste der immer so ernst und negativ sein. Ich wusste doch, dass seine gute Laune nicht von langer Dauer sein konnte. Angeregt fuhr ich fort: "Nina ist alt genug, um selbst auf sich aufzupassen. Wenn es wirklich etwas Ernsthaftes gewesen wäre, hätte sie sicherlich Bescheid gegeben. Als Optimistin gehe ich nicht immer sofort vom Schlechtesten aus." Er gehöre wohl eher zu den Schwarzsehern auf dieser Welt.

"Nun, ich sah eben nichts Schlimmes daran. Übelkeit - das kann jedem mal passieren, ohne dass ich gleich dami rechnen muss, am nächsten Tag zu sterben. Zu viel Süßigkeiten gegessen oder einfach nur Stress in der Schule", sprach ich weiter. Langsam bekam ich meinen Tonfall wieder unter Kontrolle. Nur nicht vom Chef provozieren lassen. "Meiner Meinung nach können die Schüler übrigens auch selbst Verantwortung übernehmen. Das lernen sie ja auch den Pferden gegenüber. Ich kann und will sie nicht ständig überwachen müssen und ihnen andauernd sagen, was sie zu tun haben."

(Die erste Gemeinsamkeit zwischen den beiden - sie loben selten bis gar nich!)

Plötzlich wurde Michael wieder freundlich, was ich ziemlich irritierend fand. So wie ich ihn eingeschätzt hätte, müsste er Nina doch mindestens eine Strafe aufbrummen. Dazu musse ich mir aber auch erst selbst Gedanken machen. Mir war es eigentlich viel wichtiger, dass ich die Hintergründe von Ninas Handeln verstände. "Mit vorm Springen drumherumkommen ist ja jetzt sowieso vorbei", meinte ich nachdrücklich.

Ich wusste es. Schon war er wieder ernst. Aber zugegebenermaßen ärgerte ess mich schon ein wenig, dass er in Erwägung zog, ich würde noch anderen Schülern "freigeben". "Ja klar, warum auch nicht?", sagte ich also nur. "Wäre ja auch etwas auffällig, wenn nur noch die halbe Anzahl an Schülern im Unterricht mitreiten würde." Diesen Kommentar konnte ich mir nicht ersparen.

"Nein, alles klar", meinte ich und stand auf. "Ich habe jetzt aber auch bald eine Theoriestunde in der Elften."

Ich warf ihm einen bedeutungsvollen Blick zu. Ich hielt mich zurück, dennoch sagte ich: "Mit Zwang wirst du da auc nichts erreichen. Außerdem wird sie ja auch bald wieder Unterricht haben, oder nicht?" Langsam bewegte ich mich hinaus in den Stall, der zu dieser Zeit eigenlich komplett leer war. Die Pferde standen schließlich alle auf der Weide.