Ich hatte mir meinen Zeichenblock geschnappt und mich an den Rand der Weide gesetzt. Mit gekonnten Bleistiftstrichen skizzierte ich die Pferdegruppe auf der Weide. Lächelnd verbesserte ich mich heir und da. Jetzt, da endlich Ferien waren, hatte ich wieder genug Zeit meinen Hobbys nachzugehen. Ich war etwas traurig, weil ich recht einsam im Internat zurückblieb, die meisten durften gerade über die Somemrferien nach Hause fahren.

Ich schlenderte gerade noch einmal zur Weide hinüber. Für Pfeffer und Julie hatte ich je zwei Mohren dabei. Ich wollte Jalines Wunsch nachgehen und dabei erfüllte ich gleich Frau Hellers Wunsch.

Ein wenig begann ich über das Licht zu fluchen. Jetzt am Abend änderte es sich so schnell, dass ich meine Schatten in kurzer Zeit anzeigen musste, damit sie nicht allzu unsymmetrisch waren. Ich griff zum Radiergummi.

Zuerst ging ich zu Jalines Pferd. Noch immer hatte ich etwas Angst vor ihm. Normalerweise besuchte ich ihn, wenn er in der Box war und gab ihm die Mohren von der Stallgasse aus. Als ich die Wallachkoppel mit den Mohren betrat, kamen gleich alle Pferde zu mir. Mist, das hatte ich nicht bedacht. Was sollte ich nun tun? Alle Pferde umringten mich. Hoffentlich kam ich da noch lebend hinaus...

Ich hob den Kopf, als ich sah wie sich die Pferde nun tummelten. Kurz darauf entdeckte ich den Grund. Komisch, ihr Pflegepferd war doch eine Stute. Ich raffte meinen Block und meine Stifte zusammen und schlenderte langsam hinüber.

Pfeffer erblickte ich sofort. Er kam gleich mit seinem Kopf an und entriss mir eine Mohre. Die anderen ließ ich vor lauter Panik fallen. Ich bekam gar nicht mehr mit, welches Pferd die Mohren zusammenfraß.

"Hey!", rief ich ich zu, während ich näher kam. Warum sie wohl die anderen Pferde fütterte? Normalerweise sah man das Mädchen selten bei den Pferden, deswegen kam es mir etwas ungewöhnlich vor. Aber vielleicht hatte sie jetzt auch einfach nur viel Zeit

"Hallo", rief ich zurück und versuchte meine Panik zu unterdrücken. Ich drehte mich zum Tor um, aber auch hier standen die Pferde. Hoffentlich biss mich nicht eines. Und da geschah es schon: Ein Pferd stieß mich von hinten mit dem Maul an. Vor Schreck ging ich einen Schritt nach vorne und überrante dabei fast ein anderes Pferd, das ich nicht zuordnen konnte.

Ich lachte ein wenig. Scheinbar hatte sie zu wenig für alle dabei und die Pferde waren gierig. "Na, wenn du nicht genug mitbringst müssen sie dich fressen" Von ihrer Angst merkte ich gar nichts. Ich steckte mir die Stifte in die Hosentasche.

"Was?", schrie ich nun doch panisch auf. Das brachte die Pferde dazu, dass sie auseinanderstoben und davontrabten. Ein Pferd, so groß wie Pfeffer nur in Braunfalbe, blieb bei mir und stieß mich noch einmal an. Dann rannte auch er den anderen nach. Ich verließ die Weide fluchtartig und war nur froh, dass mich kein Huf getroffen hatte.

Ich sah nun etwas irritiert zu Jacqueline. "Das hast du jetzt nicht ernst genommen, oder?", fragte ich grinsend

"Na ja...", meinte ich etwas schüchtern mit zittriger Stimme. Aber ich wollte doch vor Samuel nicht so dumm dastehen. "Nein", fügte ich fest hinzu und schloss das Tor.

Ich lachte. Ich beeilte mich durch das Tor hindurchzukommen. "Gar nicht nach Hause gefahren?", fragte ich

"Noch nicht", erklärte ich, froh über den Themawechsel, "und du?"

"Hatte die Wahl zwischen in der Schule bleiben und mit auf ne Altersheimkreuzfahrt zu gehen", sagte ich grinsend. "Du ahnst für was ich mich entschieden habe?", fügte ich hinzu.

"Ich sehe es", grinste ich, "und was treibst du um diese Zeit noch hier draußen? Und die Pferde? Die sind doch immer schon um kurz vor sechs rein?"

"Ich vermute, sie werden jetzt in den Ferien später reingeholt. Ist ja noch recht lang hell und da die Schüler alle nicht da sind, können sie auch mal etwas freie Zeit genießen", mutmaßte ich. Dann fügte ich hinzu: "Ich hab noch ein bsischen gezeichnet"

Ist ja lebensgefährlich, wollte ich schon sagen, beließ es aber dabei. "Was zeichnest denn?", fragte ich deshalb interessiert.

Ich lachte: "Pferde natürlich!" Wozu sollte ich denn sonst auf die Weide gehen? Dann sah ich das Mädchen an: "Was hast du denn auf der Wallachkoppel gemacht?"

"Auch wieder wahr", murmelte ich. Auf Samuels Frage hin schluckte ich nur. "Ich sollte einem Pferd eine Mohre bringen", erklärte ich kurz.

Ich grinste ein bisschen: "Ob das klug ist, es auf der Weide zu machen, wo alle Pferde hungrig ankommen?"

"Ich wusste ja nicht, dass die alle hungrig sind. Ist ja genug Gras da", verteidigte ich mich, "oder etwa nicht?"

"Ja aber so was feines wie ne Möhre. Stell dir mal vor es gäb nur einen Schokopudding für alle Schüler und Lehrer. Da wären auch gleich alle da", sagte ich lachend.

Ich versuchte zurück zu lachen, was mir nicht recht gelang. "Ich fütter ihn sonst immer in der Box", erklärte ich und sah zur Stutenweide hinüber. Meine eigene Pflegestute sollte wohl heute keine Möhre bekommen.

Ich nickte kurz. "Und was hast du heute noch vor? Warst du schon bei deinem Pflegepferd?", fragte ich nun neugierig.