Nächste Woche stand ein englischer Grammatiktest an, für den ich mit Jaline lernen wollte, während Sam Bandprobe hatte. Es war ein schöner Tag, also würden wir uns wohl am besten auf den Schulhof zurückziehen. Am Nachmittag war hier nie etwas los und es gab Bänke. Ich hatte meine Englischsachen und Gläser sowie Cola und Orangensaft aus dem Reiterstübchen auf einem Tisch deponiert. Nun wartete ich am Putzplatz auf Jaline. Sie würde wohl bald mit Pfeffer zurückkommen.

Ich kam gerade mit Pfeffer von einem kurzen Ausritt zurück. Viel geschwitzt hatte er nicht, wir hatten eine gemütliche Runde um den See gedreht. Als ich auf den Hof kam, winkte ich Jacqui schon zu, die ich am Putzplatz sah.

Ich war etwas abgelenkt und bemerkte Jaline erst, als sie auf den Hof kam. Ich winkte.

"Na schon bereit?", fragte ich lächelnd. Ich band Pfeffer nun zunächst am Putzplatz an. Ein paar andere Schüler kümmerten sich auch gerade um ihre Pferde

"Ja", seufzte ich, "Wie war's mit Pfeffer? Was habt ihr gemacht?"

"Nur ein kleiner gemütlicher Ausritt", erzählte ich, "Er ging um den See" Dabei sattelte ich Pfeffer ab.

"Schön", meinte ich, "Ich hab die Englischsachen am Schulhof vorbereitet. Getränke stehen auch schon dort. Damit du nach dem Ritt nicht verdursten musst."

"Du denkst aber auch an alles", meinte ich lächelnd. "Ich verräume eben die Sachen", meinte ich dann, bevor ich Richtung Sattelkammer losging

Ich wartete, bis Jaline zurückkam. Ich war müde, schließlich hatte ich mal wieder kaum geschlafen.

Ich verräumte die Sachen ordentlich und schnell. Dann nahm ich Pfeffers Putzkasten und kehrte zu Jacqui zurück. "Und was hast du heute tolles getrieben?", fragte ich, während ich zügig zu putzen begann.

"Soll ich dir helfen?", bot ich sofort an, "Ach, nichts Besonderes. Hausübungen gemacht, mit Julie geschmust, das war's schon. Und du?"

"Heute Morgen habe ich Roxy übernommen, weil Clément arbeiten musste. Und dann bin ich zu Pfeffer gefahren. Also ganz ruhiger Tag bei mir.", erzählte ich, "Du könntest die Hufe auskratzen, wenn du magst"

"Klar", meinte ich eifrig und griff nach dem Hufkratzer.

"Wie fandest du Pfeffer eigentlich so zum Reiten?", fragte ich nun, während ich putzte.

Das Thema war mir unangenehm. "Schwieriger als Julie", meinte ich schüchtern und fuhr mit dem Hufe auskratzen fort.

"Ich bin Julie nie geritten", überlegte ich, "Aber bei uns gab es Pferdetausch auch noch nicht. Aber wenn du dich nochmal an Pfeffer probieren magst, darfst du gerne."

"Danke für das Angebot", meinte ich schüchtern. Sonja kam mit Abdul auf den Putzplatz. Ich sah sie nicht, da ich gerade beim Hufe auskratzen war und hörte nur ihre zuckersüße Stimme: "Hi Mädels." Sie fragte Jaline, ob sie Abdul neben Pfeffer (also auch neben mir) anbinden dürfe.

"Hallo. Na klar, die beiden kennen sich sicher von der Weide", antwortete ich lächelnd. Ich hatte die Schülerin bisher nur manchmal auf dem Platz angetroffen, weil sie entweder vor mir dort war oder nach mir kam. Zumindest reiterlich schien sie ziemlich gut zu sein, das hatte ich häufiger beobachtet. Dann fuhr ich fort: "Es würde mich ja schon fast mal interessieren, wie er unter dir so läuft. Bisher hab ich noch nie jemanden auf ihm reiten sehen"

Durch Sonjas Anwesenheit war ich verunsichert. Ich war mit dem Hufe auskratzen fertig und legte den Hufkratzer in den Putzkasten zurück. Sollte Abdul so gehässig sein wie Sonja, musste ich mich weit genug von ihm wegstellen. Sonjas Giftpfeile erreichten mich trotzdem. "Können wir ja mal planen", meinte ich, "Ich würde dir auch Julie leihen, falls es Herr Meier erlaubt." "Erlaubt er sicher nicht", mischte sich Sonja ein, "Der liebt die Pferde nämlich." Sie betonte das 'der' besonders. "Solltest du aber eigentlich wissen, wo du doch auf ihn stehst", fuhr Sonja fort, "Der schlägt auch keine Pferde." Noch während Sonja sprach, zog ich das Handy hervor, um so zu tun, als hörte ich nicht hin.

Ich runzelte die Stirn und unterbrach kurz meine Bewegungen. Pfeffer war fast fertig. "Ich denke durchaus, dass ich Julie gerecht werden könnte. Ohne ihr Schaden zuzufügen", sprach ich dann in Sonjas Richtung, "Und Herr Meier würde niemanden auch nur eine Sekunde am Internat lassen, wenn er ein Pferd absichtlich schlägt." Dann putzte ich Pfeffer weiter

"Du könntest ihr sicher gerecht werden", nickte Sonja, "Du reitest sowieso schon länger und besser als Jacqueline. Das muss Herr Meier erst mal mitkriegen, wenn seine Pferde geschlagen werden. Eigentlich unverantwortlich, dass er schon Anfänger alleine reiten lässt, ohne jegliche Aufsicht. Na ja, Pferde wissen schon, wie sie sich bei Falschbehandlung rächen können. Das traurige ist eben nur, dass es im Nachhinein 'das böse Pferd' heißt, nur, weil es beim Reiten vor Schmerz gestiegen ist." Sonja lud ihr Sattelzeug auf ihre Arme.

"Na also, damit kein Problem. Und ich weiß, dass der gute Rektor hier sehr wohl viel mitbekommt. Und wenn du anders beobachtest, solltest du zumindest mal mit Frau Chevalier darüber reden", sagte ich und lächelte leicht. Ich putzte Pfeffer nun in aller Seelenruhe fertig. "Das ist aber eine gute Idee, Jacqui", sprach ich fröhlich weiter, "Wir könnten das sicherlich einmal fragen. Vor dem Turnier nicht mehr, das wird zu stressig, aber danach vielleicht"

"Du glaubst, das habe ich nicht getan?", fragte Sonja Jaline, sah aber mich dabei an. Dann rauschte sie ab. "Ja, könnten wir", wiederholte ich Jalines Worte schüchtern.

"Ein bisschen zickig, die Gute", gab ich von mir und räumte den Putzkasten ein. "Ich bringe den eben weg und ziehe mir gleich meine Turnschuhe an. Wenn du magst, kann du Pfeffer schon mal losbinden", erklärte ich nun lächelnd, "Und dann geht's gleich ab zu Englisch"

"Ich bringe ihn weg", bot ich schnell an. Ich hatte Angst vor Sonjas Rückkehr. Ich griff sofort nach Pfeffers Strick und beeilte mich. "Ich geh dann schon vor", erklärte ich.