"Mit Sam das war ja klar", antwortete ich grinsend. Wir waren nun schon eine Weile unterwegs, deshalb nahm ich schon mal die Zügel etwas kürzer und trieb Rocki in einen etwas flotteren Schritt. "Ich hoffe, das Tempo ist okay?"

"Klar", lächelte ich und trieb Julie auch etwas an, sodass die beiden Pferde nebeneinander herschritten. Ich passte auf, dass Julie nicht zu traben anfing, was bald möglich sein würde.

"Deine Julie scheint ja mit den Großen ganz gut mithalten zu können", meinte ich lächelnd.

"Ja", nickte ich, "aber nur draußen. In der Bahn fällt sie lieber zurück. Wie geht es dir mit Rocky?"

"Da geht es Julie so wie mir, Dressur ist langweilig. Ich bin auch viel lieber draußen unterwegs, als im Viereck Kreise zu ziehen", erzählte ich ausgelassen. "Und Rocki? Zum Reiten ist der super, total eifrig und reagiert gut auf Hilfen. Mein einziges Problem mit ihm ist, dass er nicht alleine sein möchte. Momentan ist das ja noch nicht so schlimm, da ich sowieso immer etwas gemeinsam mit anderen mache. Aber frag mich nicht, wie das laufen soll, wenn ich mal mit ihm alleine ausreiten will oder so." Ich seufzte leise. "Ich hoffe ja noch, dass das in den Griff zu bekommen ist."

"Du darfst alleine ausreiten?", erkundigte ich mich erstaunt, "Ich bin auch lieber draußen oder mache Bodenarbeit. Wollen wir traben?"

(Darf man nicht alleine ausreiten?)

"Du nicht?", fragte ich zurück. "Und Traben immer gerne."

(Man muss sich die Erlaubnis holen.)

"Nein, ich reite noch nicht so lange", erklärte ich, "Dann Trab." Schon auf das Stimmkommando hin stellte Julie die Ohren nach hinten auf und trabte auf die Hilfe hin sofort los.

"Achso, kann sein, dass ich auch zuerst fragen sollte. Aber momentan ist das sowieso noch nicht wichtig für mich", antwortete ich noch, bevor ich Rocki stärker antrieb, bis er in einen lockeren Trab fiel. Der Wallach benahm sich für seinen ersten Ausritt mit mir bisher wirklich brav.

Ich war beruhigt, dass Rocky nicht überholen wollte. "Ich will gar nicht wissen, was passiert, wenn man verbotenerweise ausreitet", gestand ich.

"Unsere Reitlehrerin scheint mir ja ganz vernünftig zu sein und irgendwo kann man verstehen, dass die hier nicht unbedingt wollen, dass wir alleine losziehen", überlegte ich laut. "Ich bin sowieso lieber in der Gruppe unterwegs, ist doch viel lustiger."

"Stimmt", erwiderte ich, "Ich möchte auch nicht alleine ausreiten, aber spazieren gehe ich gerne mit Julie."

"Ich bin irgendwie noch nie mit einem Pferd spazieren gegangen", musste ich zugeben. "Reiten ist mir dann doch lieber, als neben dem Pferd herzulaufen."

Das erstaunte mich sehr, aber Reiter waren wohl so. "Ich finde es vom Boden aus intensiver", versuchte ich zu erklären, "Wir sollten bis zur nächsten großen Kurve im Schritt sein." Ich parierte Julie durch und hoffte, dass bei Michelle auch alles klappte.

"Kann sein, ich habe das noch nie gemacht", antwortete ich und parierte ebenfalls zum Schritt durch. Rocki gehorchte brav, was auch nicht anders zu erwarten war. Seine Freundin wollte er auf keinen Fall verlieren. "Und was macht man sonst so in dieser Einöde?", wechselte ich nach einer Weile das Thema.

Ich grinste: "Du hast Recht. Es ist wirklich eine Einöde. Hauptsächlich sportliche Dinge. Seit ich hier bin, mache ich täglich Sport. Nicht nur wegen dem Reiten. Früher war das nicht so. Porto ist zum Shoppen aber okay, du brauchst aber eine Stunde pro Fahrt mit dem Bus. Langweilig wird es dir sicher nicht."

"Eine Stunde in die Stadt? Oh Mann!" Ich stöhnte. "Darf man eigentlich an den Wochenenden abends auch nicht weg?"

"Um zehn ist Nachtruhe", erklärte ich, "Und wenn die Welt untergeht." Ich musste etwas grinsen. "Du darfst dich aber vom Essen abmelden, wenn du mal einen Tag lang wegbleiben willst", fuhr ich fort, "Wenn du Glück hast, bist du auch in 50 Minuten in der Stadt. Abends kommt der letzte Bus um neun an. Ich habe eine Freundin mit Auto in Porto, die hat mich mal um halb zehn abgeliefert. Also an abends weggehen würde ich nicht denken. Das gilt auch für die Ferien, aber da wirst du sowieso nicht hier sein, oder?"

"Das ist ja wie beim Militär hier", stellte ich grinsend fest. "Also wenn ich nicht mal in den Ferien weggehen darf wie ich will, dann bleibe ich wohl eher nicht hier. Ich bin jemand, der etwas unternehmen muss."

"Es ist schon streng", gab ich zu, "aber ich habe mich ganz gut daran gewöhnt. Ich gehe eben nur an Wochenenden und dafür den ganzen Tag weg."

"Ja, das kann auch toll sein. Aber man braucht doch auch ein bisschen Nachtleben?" Ich grinste wieder einmal.

"Ich vermisse es glücklicherweise nicht", gab ich zu, "Man gewöhnt sich an alles. Wenn ich daheim bin, kann ich ja abends auch länger wegbleiben." Zwar nur selten, aber Michelle musste ja nicht alles wissen.

"Weißt du, bei mir zuhause konnte ich eigentlich immer tun und lassen, was ich wollte", erzählte ich. "Jedenfalls solange ich Bescheid gebe, wo ich hingehe und wann ich in etwa zurück bin."

"Komisch", murmelte ich, "Dann dürfte dir die Umstellung schwer fallen."

"Wird schon", meinte ich nur. "Aber zur Sportskanone werde ich trotzdem nicht. Reiten und der Sportunterricht reichen mir vollkommen. Ich wollte mit Apple mal in die Stadt. Wenn du Lust hast, kannst du ja mitkommen. Je mehr Leute, umso lustiger wird es."