"Da kann er aber auch nichts machen, wenn du keine Fragen hast, oder?", fragte ich, "Und du stellst ihn in Frage? So richtig offen?" Ich fing an, Julie zu satteln.

"Er könnte es einfach akzeptieren, dass ich Physik nicht mag", antwortete ich schon etwas genervt. "Ich hätte vielleicht nicht schon am ersten Tag mit ihm diskutieren sollen, aber naja, ist nun mal passiert. Können wir jetzt aber von etwas anderes sprechen? Ich habe keine Lust, mir den Tag durch Herrn Meier vermiesen zu lassen." Ich lächelte versöhnlich und strich dabei Rocki über den Hals. Dann begann ich ebenfalls mit Satteln.

Ich verstand es nicht wirklich, was Michelle meinte, lächelte sie aber an. "Klar", lächelte ich, während ich den Sattelgurt schloss. In Gedanken war ich aber immer noch bei Herrn Meier.

Ich nahm nun das Zaumzeug zur Hand, sortierte es und legte es Rocki an. "Die Reitlehrerin finde ich bisscher ganz okay", wechselte ich also das Thema. "Vielleicht ebenfalls ziemlich streng, aber in der ersten Woche bin ich reiterlich weitergekommen, als anderswo in einem Monat."

"Ja", stimmte ich lächelnd zu, während auch ich zäumte, "Frau Chevalier ist auch toll." Ich wollte schon erwähnen, dass sie etwas lebensmüde ist, ließ es aber. "Sie ist mit Herrn Whert zusammen", erklärte ich, "Gegensätze ziehen sich also an."

"Ist er denn so gegensätzlich?", fragte ich nach und überlegte selbst etwas im Stillen. Aber so gut kannte ich die Lehrer hier nun auch noch nicht. "Naja, jedenfalls ist er im Unterricht immer voll nett", fügte ich noch hinzu.

"Teilweise", gab ich zu, "Er ist viel ruhiger als sie. Ich wäre dann fertig." Ich zog mir die Reithandschuhe an und setzte den Helm auf.

Ich folgte Jacquelines Beispiel und nahm schließlich die Zügel in die Hand. "Wo geht's lang?", erkundigte ich mich neugierig.

"Wir führen erst immer ein Stück", erklärte ich. Ich ging voran, eine Position, in der ich noch nie war. Julie folgte mir durch das Tor über den Feldweg zu der Stelle, an der wir immer aufsteigen.

"Klar, über den Hof reiten ist vielleicht keine gute Idee", meinte ich grinsend und folgte Jacqueline. Als sie am Feldweg stehen blieb und mir andeutete, dass sie hier immer aufstiegen, zog ich den Sattelgurt noch einmal fester und ließ die Steigbügel herunter. Danach schwang ich mich leichtfüßig in den Sattel und ordnete die Zügel. "Hoffentlich benimmt sich Rocki", sagte ich schließlich. "Er geht nämlich nicht gerne von seiner Herde weg, aber mit Julie an seiner Seite wird das wahrscheinlich kein Problem sein."

Ich stieg auf. Als Michelle von Rocky sprach, bekam ich Angst. Ob der Ausritt so eine gute Idee war? Nun gab es aber kein zurück mehr. "Wohin willst du?", fragte ich, "Zum See oder Meer?"

"Das Meer fände ich irgendwie schöner", überlegte ich laut. "Also gerne dorthin."

"Dann los zum Strand", lächelte ich etwas angespannt, "Wir haben einen eigenen für das Reitinternat." Ich lenkte Julie einen Waldweg entlang.

"Wirklich? Das ist cool! Zuhause wohne ich auch nicht weit weg vom Meer. Im Sommer bin ich dort dann eigentlich jeden Tag", erzählte ich begeistert. Ich lenkte Rocki neben Julie und ließ ihn gemütlich am langen Zügel laufen. Der Wallach freute sich anscheinend ebenfalls über den Ausflug, denn er ging bis jetzt total entspannt vorwärts.

Ich schielte immer wieder zu Rocky, er schien aber friedlich. "Ich bin im Sommer auch gerne am Strand", erklärte ich meinerseits, "aber noch lieber am See."

"Den See kannst du mir ja das nächste Mal zeigen", schlug ich lächelnd vor.

"Gerne", meinte ich etwas unsicher. Nur, wenn ich diesen Ausritt überlebe, sollte das heißen. Julie schritt am losen Zügel brav vorwärts.

"Dann kannst du auch Samuel mitnehmen, falls er Zeit hat", fügte ich leicht grinsend hinzu.

"Da müssen wir aber am Sonntag ausreiten", lächelte ich, "Wie verstehst du dich mit deinen Klassenkollegen?"

"Kein Problem, Sonntag geht auch", antwortete ich. "Meine Klasse? Die meisten sind ganz nett, finde ich. Apple ist vielleicht etwas schüchtern, aber ich verstehe mich ganz gut mit mir. Denise und Jacques sind auch super drauf. Der Einzige, der nervt, ist eigentlich Viktor. Der tut so, als wäre er der Beste. So etwas kann ich überhaupt nicht leiden." Ich verzog das Gesicht bei dem Gedanken an ihn.

"Mit Viktor hatte ich auch schon meine Schwierigkeiten", gab ich zu, "Er war sauer, dass ich beim Turnier besser war als er."

"Das kann ich mir bei dem gut vorstellen", antwortete ich. "Ich glaube, ihn ärgert es tierisch, dass er die Klasse wiederholen muss. Im Unterricht geht er jedem auf die Nerven damit, dass er das ja alles schon könne." Rocki schnaubte entspannt.

"Seine Noten sprachen aber wohl nicht dafür", stellte ich fest, "Mit Apple-May habe ich mich auch schon öfter unterhalten."

"Und mit den Leuten aus deiner Klasse verstehst du dich auch?", fragte ich nach. Die Älteren kannte ich kaum, da hatte ich höchstens mal jemanden im Stall gesehen.

"Ja", lächelte ich, "Vor allem mit Monique, Felicitas und natürlich Sam."