"Und sie hat es dann geschafft, dich zu überzeugen?", stellte ich mehr fest, als dass es eine Frage war.

Ich zuckte mit den Schultern: "Ich war der Meinung, dass ich ihr einen Gefallen schuldig bin"

"Nun ja, ich kann mir schon vorstellen, dass es dir wegen Pfeffer nicht so leicht gefallen ist", meinte ich nachdenklich.

"Ich wollte nie wieder auf ein Pferd steigen", gab ich zu, "Ich hatte auch alle Pferdesachen verkauft" Pfeffer trottete unter mir entspannt voran.

"Wow!", machte ich erstmal nur überrascht, aber dann fügte ich hinzu: "Ich glaube, auch wenn du Pfeffer doch nicht mehr bekommen hättest, wärst du trotzdem noch irgendwann mal aufs Reiten zurückgekommen. So etwas gibt man nicht einfach auf." Ich lächelte. "Aber jetzt hast du ihn ja wieder und alles läuft prima."

"Vielleicht ... Irgendwann ...", meinte ich nachdenklich. Marleen hatte mir keinen Raum für Überlegungen in die negative Richtung gelassen. Sie war der festen Überzeugung, dass ich das Pony bekomme. Ob sie wohl Drohbriefe an Herrn Meier geschrieben hatte?

"Die Pferde lassen einem doch nie mehr los, wenn man einmal von deren Virus infiziert wurde", entgegnete ich lachend.

"Ich hab nie darüber nachgedacht, was passiert, wenn es Weihnachten wieder nicht mit Pfeffer geklappt hatte", meinte ich nun, "Aber zum Glück musste ich auch nicht drüber nachdenken. Ich sah nun lächelnd zu Pfeffers Ohren, die neugierig Annas und meiner Stimme lauschten.

"Das musste ja einfach klappen, immerhin hat Herr Meier auch gesehen, dass ihr zwei einfach zusammen gehört", sagte ich überzeugt. "Das finde ich übrigens auch."

"Danke", meinte ich nun und wurde rot, "Und auch danke für die Stunde. Ich glaube, das hat uns ziemlich geholfen"

"Das freut mich, wenn es euch weiterbringt. Gerne wieder", antwortete ich freundlich. "Vor allem im Sommer habe ich genug Zeit dafür, falls ich hier bleibe."

"Was meinst du wie weit er in der Dressur ungefähr kommt?", fragte ich neugierig. Pfeffer war nun trocken, weshalb ich die Mittellinie ansteuerte und ihn dort anhielt

"Puh, das ist schwierig zu sagen", antwortete ich zögernd. Ich selbst war Pfeffer ja noch nie geritten. Wenn ich ihn bewegt hatte, dann nur an der Longe oder beim Freispringen. "Der Schritt von der A- zur L-Dressur ist ja dann doch relativ groß und es kommen einige neue Aufgaben dazu. Ich würde sagen, lasst euch ruhig viel Zeit, erst mal die Lektionen aus der A-Dressur zu festigen. Pfeffer ist noch recht jung, da habt ihr's ja nicht so eilig. Aber ich denke schon, dass ihr L mit viel Übung schaffen könnt."

Ich schwang mich von Pfeffers Rücken und machte die Steigbügel hoch. "Er ist so lernbegierig, irgendwann muss ich mir irgendwas neues ausdenken, wenn er nicht mehr weiter kommt", sagte ich lächelnd. Ich lockerte den Gurt

"Tja, er ist manchmal schon etwas übereifrig und überschätzt sich gerne mal selbst", musste ich zustimmen. "Aber es gibt wohl selbst für ihn genug Möglichkeiten, ihn zu beschäftigen, sodass ihm nie langweilig wird." Langsam gingen wir zum Ausgang der Reithalle.

"Ich fand es fast etwas schade, dass ich damals im Reitunterricht so wenig Möglichkeit bekommen hatte, ihn zu fördern", sagte ich vorsichtig. Ich hatte schließlich fast komplett bei Frau Heller Unterricht gehabt und wollte die alte Lehrerin auch nicht schlecht machen

Ich sah Jaline kurz an. Wahrscheinlich dachte sie gerade an ihre alte Reitlehrerin, von der ich schon von mehreren Seiten gehört hatte, dass sie nicht so sehr auf ihre Schüler eingegangen war. Jedoch kannte ich die Frau nun mal nicht persönlich und konnte mir deshalb kein eigenes Bild von ihr machen. Dass die Schüler hier schlecht ritten oder Ähnliches, konnte man ja wirklich nicht sagen. "Es ist gar nicht so einfach, den Unterricht abwechslungsreich zu gestalten und dabei im Rahmen des Lehrplans zu bleiben", gab ich zu bedenken. "Zusätzlich schwierig wird es, wenn man solche großen Gruppen mit bis zu acht Reitern in einer Stunde hat. Dabei jedem gerecht zu werden, ist schon fast eine Kunst. Ich versuche trotzdem mein Bestes und gebe gerne auch außerschulisch Reitstunden."

Ich lächelte: "An der Stelle nochmal danke für die Stunde jetzt. Schließlich bin ich ja keine Schülerin mehr", sagte ich, während ich Pfeffer am Putzplatz anband. Die Trense wusch ich gleich aus, dann sattelte ich den Fuchswallach ab.

"Das mache ich gerne", erwiderte ich. "Wo du doch Pfeffer hier stehen hast, gehört das einfach dazu. Hast du übrigens Lust, mit mir im Reiterstübchen noch etwas zu trinken?"

"Klar gerne", meinte ich erfreut, "Ich versorg nur noch Pfeffer vorher"

"Ja klar, kein Problem", meinte ich und lehnte mich an einen Anbindebalken am Putzplatz. Ausnahmsweise hatte ich heute einmal viel Zeit, denn es stand nichts Großartiges mehr an.

Ich brachte nun Sattel und Trense in die Sattelkammer und holte den Putzkasten von Pfeffer. Ich nahm nun zunächst die Kardätsche und den Striegel, um nochmal über Pfeffers Fell zu gehen. "Woher kommst du eigentlich?", fragte ich nun.

"Ich komme aus der Bretagne", gab ich bereitwillig Auskunft. Neugierig fügte ich hinzu: "Du bist ja jetzt in Porto heimisch geworden, oder?"

"Seit Jahresbeginn jetzt. Aber es ist gar nicht sooo weit weg von zuhause. Es gibt sogar eine Fähre zwischen Porto und Marseille und von dort ist es nicht mehr weit. Ich vermisse allerdings nichts", erzählte ich. Beim letzten Satz zuckte ich kurz mit den Schultern. Mein Freundeskreis dort hatte sich ziemlich verkleinert schon als ich aufs Internat gekommen war und meine Eltern verstanden mich derzeit sowieso nicht. Ich legte Kardätsche du Striegel weg und griff zum Hufkratzer

"Nun ja, du bist doch schon etwas länger sozusagen von zuhause getrennt, da du ja aufs Internat gegangen bist", entgegnete ich achselzuckend. Ich dachte kurz an mich. Ich war schon recht heimatverbunden und mochte meine Familie sehr. Trotzdem vermisste ich ebenfalls nichts wirklich und fühlte mich hier wohl. Ich konnte meine Familie immerhin ab und zu besuchen, wenn ich wollte.