"Wir machen es einfach so wie im Training. Da lagen wir zeitlich immer ganz gut. Keine Hektik bekommen, sonst reißt uns das Klopapier zu oft", versuchte ich zu beruhigen. "Nein, zum Glück tust du das nicht", meinte Sonja nun übertrieben laut, "Stell dir mal vor, du würdest Angel quälen, indem du jemanden drauf setzt, der erst seit einem Jahr mit Pferden umgehen kannst"

"Wenn dich nicht gerade eine Biene sticht, müsstest du es schaffen", flüsterte ich Sam grinsend ins Ohr. Dann wendete ich mich allerdings zu Gizella und fragte Sam: "Wollen wir Gizella draußen ein wenig herumführen? Zum Aufwärmen. Die Pferde hier sind heute auch ganz schön arm, bei diesem Lärm." "Umgehen können ist ja die Übertreibung des Jahrhunderts", lachte Viktor böse, "Stell dir vor, die führt ihr armes, gequältes Pflegepony zwischen Stangen hindurch, weil sie zum Reiten und zum Springen zu feige ist."

Sonja lachte laut auf. "Wirklich? Also, dass sie feige ist, weiß ich schon lange, aber das tut sie?" Mich nervten die beiden total. "Ja, lass uns rausgehen. Meinst du, ich soll sie schon trensen?", fragte ich nachdenklich.

"Ja, ich habe sie letztens von der Tribüne aus beobachtet", lachte Viktor und fing an, meine Stimmkommandos nachzuspotten. "Führ sie mal raus, ich komm mit dem Zaumzeug nach", meinte ich verärgert, "das können wir uns noch draußen überlegen, ob wir schon zäumen. Ich will hier nur erst mal raus."

Ich nickte und klickte den Strick ins Halfter ein, dann führte ich Gizella nach draußen. Da war auch viel Trubel, aber ohne Viktor und Sonja war es gleich entspannter. Ich hoffte, dass Jacqueline sich nicht verunsichern ließ.
Als Sonja sah, dass Jacqueline Richtung Sattelkammer ging, stellte sie sich immer noch über Viktors Darbietung lachend in den Weg. "Na?", fragte sie und grinste fies.

"Ja, bitte?", fragte ich betont ruhig. Ich wusste genau, dass das mit der Bodenarbeit richtig war, denn auch wenn sie eine Hexe war, sie mochte Pferde, da war ich mir sicher und sie hatte auch Ahnung.

"Wie kommts, dass du dich auf ein ungesatteltes Pferd traust? Ich mein, man hört ja immer wieder von Leuten die gestorben sind, weil das Pferd sie abgeworfen hat. Und schließlich reitest du ja nicht sonderlich gut", meinte Sonja eindringlich und mit vollster Absicht Jacqueline Angst einzujagen, "Viktor erinnerst du dich noch an den Artikel von vor ein paar Wochen in der Zeitung? Als eine Anfängerin meinte, sie könne mehr als sie wirklich kann"
Ich wartete draußen ungeduldig auf Jacqueline. Warum brauchte sie so lange?

"Oh ja, das war in den Regionalnachrichten!", rief Viktor aus, "die hat sich ja dann das Genick gebrochen und wurde von ihrem Pferd aufgefressen." "Lass mich bitte vorbei", meinte ich etwas zittrig und schob Sonja weg. Ich holte das Zaumzeug und rannte zu Sam raus.

Als Jacqueline draußen war, kicherte Sonja los: "Oh Gott, die ist so dumm. Aber jetzt hat sie genug Angst, dass wir uns gar keine Sorgen machen müssen"
Ich führte Gizella auf dem Hof herum und hielt nach Jacqueline Ausschau. Als diese angerannt kam, runzelte ich die Stirn: "Alles okay?"

"Bräuchten wir uns sowieso nicht", lachte Viktor noch laut, "Wir sind schließlich die besten Reiter hier. Siehst du? Die haben es sogar notwendig, dass sie noch mal üben. Wahrscheinlich sowieso nur im Schritt."

"Tut mir leid, dass ich so lange gebraucht habe", meinte ich noch immer etwas zitternd und ging neben Gizella und Sam her. Das Zaumzeug hatte ich über der Schulter.

"Glaub die echt, dass ein Pferd einen Menschen auffrisst?", bekam sich Sonja gar nicht mehr ein.

"Was war los?", fragte ich nochmal nach.

"Vermutlich", grinste Viktor, "was wollen wir jetzt machen? Den beiden da draußen zusehen?"

"Es war nur Sonja", versuchte ich mich selbst zu beruhigen, "sie erzählte mir von einem Genickbruch eines Reiters."

"Keine Sorge", meinte ich sanft und nahm Jacquelines Hand, "Ich halt dich fest, sollten wir wirklich fallen, fällst du ganz weich auf mich. Aber wir haben es ja unzählige Male geübt."

Sonja überlegte: "Willst du dir das Trauerspiel wirklich ansehen?"

"Klar", meinte Viktor cool, "oder wollen wir lieber etwas anderes machen?" Er lächelte verführerisch.

"Klar", versuchte ich mich an einem Lächeln, "und wenn wir fallen, müssen wir uns ja nicht gleich das Genick brechen. Weiß deine Mutter überhaupt von dem Turnier? Ich habe sie noch nie gesehen, in diesen Tagen." Ich wollte mich ein wenig ablenken.

Ich lachte: "Nein. Es ist besser, wenn sie es erst im Nachhinein erfährt. Sonst würd die ncoh neben Gizella herlaufen mit so nem Auffangtuch wie bei der Feuerwehr" Jacqueline hatte in den Ferien ja einiges von meiner Mutter mitbekommen.

"Hast du einen guten Vorschlag?", fragte Sonja und erwiderte das Lächeln.

"Wär aber keine schlechte Idee", meinte ich, musste aber grinsen.

"Na ja, lange haben wir ja leider nicht mehr Zeit", meinte Viktor.

"Wollen wir zäumen? Ich kann die Helme holen", schlug ich vor.

Sonja nickte überlegend. Sie waren als letzte dran

"Okay, dann übernehm ich Gizella inzwischen", meinte ich fest zu mir selbst. Ich war noch nie alleine mit Gizella gewesen, aber ich wollte mich überwinden. Was sollte schon passieren?

Ich reichte Jacqueline den Strick. "Bis gleich", sagte ich und gab ihr noch einen Kuss, bevor ich in den Stall ging.

Vorsichtig löste ich den Strick und legte ihn zur Seite, sodass Gizella im Falle eines Falles nicht reintreten würde. Dann schob ich Gizellas Halfter nach hinten um die Stute sanft und ruhig aufzuzäumen. Danach verschloss ich das Zaumzeug lehrbuchgerecht.

Als ich in den Stall kam, starrte mich Sonja an. Ich ging an den beiden vorbei und holte die Helme aus unseren Spinden.
Gizella stand ganz ruhig und still da, als wüsste sie, dass Jacqueline sich überwinden musste

"Brave Gizella", meinte ich, als ich Gizella das Halfter ganz abnahm und den Strick wieder ins Halfter einklinkte. Sollte ich es nun auf den Putzplatz bringen?

Ich kam mit den Helmen zurück. "Na alles geklappt?", fragte ich Jacqueline

"Siehst du doch, Gizella ist noch da", lächelte ich Sam an, "soll ich ich bringe das Halfter eben auf den Putzplatz, ja?"

Ich ncikte und nahm Gizellas Zügel. Dabei setzte ich gleich den Helm auf und wartete auf Jacqueline