Ich blieb neben Sam stehen und legte ihm beschwichtigend die Hand auf den Arm. "Ende?", brüllte Herr Meier und wurde rot, "Was heißt hier Ende?" Pause. Herr Meier sprach nun mich an: "Wie kam es überhaupt dazu, dass du in einem fremden Zimmer in einem fremden BETT einschläfst? Weißt du nicht mehr, welches dein Zimmer und dein Bett sind?" Er holte nochmal Luft, um fortzufahren: "Und schaut mal auf die Uhr! Um diese Zeit hat jeder Schüler und jede Schülerin in seinem bzw. ihrem Zimmer zu sein!" Ich fing an zu zittern. "Ja", versuchte ich beschwichtigend zu argumentieren. Dies brachte Herrn Meier aber noch mehr in Rage.

Ob er es einfach für sich selbst brauchte, sich als großer Bestimmer aufzuspielen? Langsam wurde ich wieder richtig wach. "Das ist schon richtig. Es war ja keine Absicht. Jacqueline war einfach erschöpft vom Tag und es ist unabsichtlich passiert, als wir Musik gehört haben. Das können Sie ihr jetzt nicht vorwerfen. Und wie ich bereits sagte, ich habe alles versucht, um sie zu wecken", meinte ich ruhig. dass er immer gleich herumbrüllen musste. Kein Wunder, dass er Lehrer geworden ist, aus jeder anderen Firma wäre er sofort geflogen, weil man so einfach keine geschäftlichen Gespräche führen konnte.

"Ach, unabsichtlich" Ich wusste gar nicht, dass Herr Meier ironisch sein konnte. Er schrie allerdings nicht ganz so laut. "Das hat auf jeden Fall ein Nachspiel", erklärte er und fügte ironisch böse hinzu: "Unabsichtlich natürlich." Ich setzte mich neben Sam aufs Bett und griff nach seiner Hand. "Willst du dich hier häuslich niederlassen oder was?", brüllte Herr Meier wieder etwas lauter.

"Wenn Sie nur minimal ein Gehirn haben, dass Sie benutzen können, - und ich unterstelle Ihnen mal, dass es so ist, weil ich Sie aus dem Unterricht als eher intelligent kenne-, dann sollten Sie allein daran schon erkennen, dass Jacqueline hier nicht schlafen wollte, weil sie immer noch Jeans und Pullover trägt. Wenn Sie sowas aber immer mit Biegen und Brechen durchsetzen wollen, dass Jacqueline ja in ihrem Zimmer ist, dann trage ich sie das nächste Mal natürlich gerne dorthin. Aber ich übernehme keine Verantwortung für irgendwelche Unfälle die sich dabei ereignen", unternahm ich einen weiteren Klärungsversuch. Ich streichelte kurz über Jacquelines Hand. "Wahlweise kann ich natürlich auch einfach Sie holen und Sie brüllen sie aus dem Schlaf. Sehr erfolgreiche Methode. Damit lassen sich ja jetzt alle Probleme lösen, Jacqueline geht auf ihr Zimmer und alle sind happy", fügte ich hinzu. Dabei musste ich mir ein Grinsen verkneifen. "Und natürlich tut uns das beiden sehr leid", entschuldigte ich mich dann sogar noch aufrichtig. Dennoch sah ich keinen Fehler ein

"Werd nicht gleich frech!", brüllte Herr Meier nun in voller Lautstärke. Ich zuckte zusammen und rückte nah an Sam heran. Nicht ganz so laut fuhr Herr Meier fort: "Jeder soll gefälligst in seinem Zimmer schlafen. Wär ja noch schöner!"

"Okay", wurde ich nun offensiver, "Situation wie folgt: Jacqueline schläft ein und ist nicht zu wecken. Wie hätten Sie die Situation gelöst? Ich hatte leider keine andere Lösung und bin gerne für Anregungen bereit" Gespannt wartete ich nun auf die Antwort. Jacqueline nahm ich neben mir zwar wahr, sah sie aber nicht an, da ich Angst hatte, das könnte den Lehrer reizen

"Jacqueline soll hier nicht einschlafen!", drückte sich Herr Meier noch deutlicher aus. Ich drückte Sams Hand nun sanft. Sollte heißen: Reg dich nicht auf.

"Ja das ist schon klar. Aber manchmal passiert so etwas.Wie soll ich mich also in so einem Fall verhalten? Oder wollen Sie jetzt sagen, dass alles Jacquelines Schuld ist?", fragte ich weiter. Dass dieser Mann sich einfach nicht ausdrücken konnte. Eine Lösung hatte er sicherlich nicht und tief in seinem Inneren, war ihm bewusst, dass man den Fall eigentlich nicht ändern konnte und er sich umsonst aufregte. Ich hasste Diskussionen, die sich drehten und solche mit Herrn Meier waren immer von dieser Sorte.

"Wie oft soll ich mich noch wiederholen?", rief Herr Meier aus, "Jacqueline darf hier nicht übernachten und wenn doch, so wie heute, hat das Konsequenzen." "Es tut mir wirklich leid", meinte ich nun leise, "ich habe die Zeit übersehen." Ich versuchte Herrn Meier anzublicken, schaffte es aber fast nicht.

"Und wieder einmal bekomme ich keine Antwort auf die Frage, was ich hätte anders tun sollen ... Schade, dass ich mich nicht bessern kann, weil ich nicht einmal von meinem Lehrer eine Antwort darauf bekomme", meinte ich nur. Dann drehte ich mich zu Jacqueline, drückte noch einmal ihre Hand und meinte dann: "Schlaf gut!" Dabei lächelte ich.

"Ist dir das etwa als Antwort nicht genug, dass Jacqueline nicht einschlafen hätte sollen?", fragte Herr Meier bissig. Mir wurde das alles langsam zu viel und schon wieder stiegen mir Tränen in die Augen. Endlich war ich mal glücklich und dann verbockte ich wieder alles. Ich senkte den Kopf auf meine Brust.

"Das ist was Jacqueline hätte ändern sollen. Ich frage was ICH anders hätte machen sollen", meinte ich weiterhin ruhig. Ich schaute Herrn Meier dabei an und meinte es wirklich ernst. Ich konnte mir nicht vorstellen, was ich besser hätte machen können.

"Sie rauswerfen oder es erst gar nicht so weit kommen lassen, dass sie in deinem Bett einschläft", erwiderte Herr Meier scharf, was mir nochmal die Kälte über den Rücken trieb. Mir tat es leid, dass Sam wegen mir so angeschrien wurde. Mir lief nun eine Träne übers Gesicht.

Ich lachte nun etwas bitter: "Da sieht man mal wie Sie mir zugehört haben. Ich hatte bereits versucht sie zu wecken. Aber nun gut. Ich sehe mal wieder, dass Sie nur Ihre Meinung kennen. Sehr schade eigentlich. Manchmal öffnet es einem die Augen, wenn man auch mal zugibt, dass man selbst Dinge falsch sieht. Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht." Damit beendete ich nun das Gespräch. Mir war es zu blöd. Manchmal fragte ich, wer von uns erwachsener war.
"Jacqueline", sagte ich sanft, "geh schlafen. Wir reden morgen. Versprochen" Als ich die Träne sah, gab ich ihr noch einen Kuss auf die Wange und fügte ein "Träum was schönes!" hinzu.

"Es geht hier darum, was in der Hausordnung steht!", brüllte Herr Meier. "Und darin steht auch, dass man mit Lehrern respektvoll umgeht, genauso, wie Lehrer mit Schülern respektvoll umgehen", fügte er noch hinzu. Einerseits wollte ich aufstehen und gehen, aber Samuel und Herrn Meier alleine lassen? Verzweifelt sah ich von Samuel zu Herrn Meier.

"Respektvoll", nickte ich nur, während ich es zu mir selbst sagte. Interessant was er darunter verstand. Zu Herrn Meier hatte ich bereits Gute Nacht gesagt, mich also verabschiedet. Mit den Augen bedeutete ich Jacqueline, dass sie gehen sollte.

"Du kennst wohl die Hausordnung nicht?", fragte Herr Meier. Ich wagte mich nicht, aufzustehen. Ich hätte an Herrn Meier vorbei gehen müssen, um zur Tür zu kommen. Ich ließ ängstlich Sams Hand los. Meine war ganz klebrig von der Aufregung.

"Reden Sie mit mir?", schaute ich nun Herrn Meier an, "Ich dachte, ich sollte jetzt schlafen. Ich hatte mich auch bereits verabschiedet, falls Sie sich erinnern. Aber zu Ihrer Frage: Doch ich kenne sie. Das heißt aber nicht, dass ich nicht meine Meinung sagen darf. Und nun wünsche ich Ihnen nochmal eine wundervolle Nacht!" Den letzten Satz betonte ich besonders. Warum ging Jacqueline einfach nicht?

"Dann wird es euch ja besonders leicht fallen, die selbige abzuschreiben", knurrte Herr Meier bedrohlich. Jetzt traute ich mich erst recht nicht zu gehen.

Immer wieder diesselbe sinnlose Strafe. Immerhin es kostete höchstens eine Stunde. "Wenn Sie meinen, dass das das Richtige ist, dann tun wir das", sagte ich ruhig. Verstand er eigentlich eine Verabschiedung nicht.

"Allerdings", meinte Herr Meier, nun selbst ruhig, "beide bei mir morgen um zehn Uhr im Büro. Pünktlich." Ich nickte schnell. "Ja", entgegnete ich und sah Herrn Meier an. Ich stand auf, sah Sam nochmal liebevoll an und blickte dann wieder zu Herrn Meier.

Ich lächelte Jacqueline noch einmal zu. Vom Direktor hatte ich mich bereits verabschiedet, somit legte ich mich wieder hin und deckte mich zu.

"Gute Nacht", sagte Herr Meier nun freundlich. Im nächsten Moment fuhr er mich etwas lauter an: "Du weißt aber schon, dass schon längst Bettruhe wäre?" Erschrocken über diesen schnellen Stimmungswechsel stotterte ich ein "Ja, Herr Meier."

Ich lächelte Jacqueline noch einmal aufmunternd zu

Das bemerkte ich gar nicht, denn Herr Meier brüllte gleich weiter: "Das ist alles?" "Es tut mir wirklich leid", brachte ich etwas zittrig hervor. "So was kommt hoffentlich nicht nochmal vor", meinte Herr Meier nun bedrohlich.