"Ja, weil du sicher an die Sache rangegangen bist", erklärte ich. "Aber was ist jetzt dein Problem?"

Ich sah meine Reitlehrerin an, setzte zu einer Antwort an, schwieg wieder und meinte dann: "Ich will nichts falsch machen." Dann sah ich weg.

"Hast du ja bis jetzt auch noch nicht", antwortete ich. "Niemand ist perfekt. Dafür bin ich da, um deine Fehler auszubessern und dir Tipps zu geben. Wenn du schon alles alleine könntest, bräuchtest du mich nicht." Von der anfänglichen Euphorie für die Bodenarbeit war jetzt kaum noch was zu spüren. Was das Mädchen wohl hatte? Es fehlt ihr eindeutig an Selbstbewusstsein, aber daran konnte ich direkt auch nichts ändern.

Sie hatte recht. Wenn ich falsch loben würde, würde sie es mir schon sagen. Hoffentlich kam ich heute dahinter, wie das richtig ging, das Loben. Ich nickte und entschied: "Okay, dann probiere ich es jetzt noch mal." Fest sprach ich es aus, um mir Mut zu machen. "Zuurück", meinte ich wieder ruhig und zog ein wenig am Schritt. Julie ging ein paar Schritte zurück, ich folgte mit eigenen Schritten der Bewegung und lächelte. "Halt", sagte ich und Julie blieb wieder stehen. Ich ging auf sie zu und streichelte sie vorsichtig.

"Siehst du? Klappt doch super", meinte ich aufmunternd zu Jacqueline. Sie brauchte wohl immer Bestätigung, damit sie etwas tat. "Und jetzt mach das Ganze mal irgendwo in der Mitte der Halle. Vielleicht funktioniert es nun, dass Julie gerade zurück geht. Irgendwann kannst du es dann auch ausprobieren, ob sie nur auf Stimmkommando, ohne am Strick zupfen, auf dich hört. Allerdings machen wir das heute noch nicht."

Ich führte Julie in die Mitte der Halle, wo wir uns sonst immer aufstellten und ließ Julie zurücktreten. Es klappte recht gut, besser als draußen und Julie ging nur ein wenig schief. Wieder streichelte ich sie am Hals.

"Das war schon besser", kommentierte ich. "Macht ruhig damit weiter, auch mit Schritt und Trab. Ich baue währenddessen ein paar Stangen auf."

"Meinen Sie jetzt hier in der Halle Schritt und Trab?", erkundigte ich mich.

"Ja klar, sagte ich doch?", antwortete ich. "Halt, Schritt, Trab und Rückwärtsrichten in verschiedener Abfolge." Ich wartete noch kurz, um zu sehen, dass für Jacqueline jetzt alles verständlich war.

"Ich wollte mich nur vergewissern", meinte ich, "ist das nicht verwirrend für Julie?"

"Eher Abwechslung", gab ich kurz zurück. "Oder möchtest du ewig im Kreis laufen, noch dazu in der gleichen Geschwindigkeit?"

"Nein." Ich versuchte mich an einem Lächeln. Dann konzentrierte ich mich auf Julie, führte sie auf den Hufschlag, hielt sie mit der Stimme an, streichelte sie liebevoll und richtete sie dann zurück, wobei ich sie wieder mit der Stimme anhielt. Es klappte und ich streichelte meine Pflegestute wieder. Nun ließ ich Julie in den Schritt gehen, bis zur Ecke, wo ich sie dann antrabte. Dies klappte nicht sofort, aber dann bog ich Richtung Halleninneres ab und trabte die Stute die ganze lange Seite entlang. Am Ende ließ ich sie kurz Schritt gehen, dann anhalten. Ich strich ihr wieder über den Hals.

Ich verfolgte nur aus den Augenwinkeln, was Jacqueline tat. Sie schien gut zurecht zu kommen. Ich holte aus der Gerätekammer vier Stangen heraus und legte sie hintereinander auf der Mittellinie auf. Dann rief ich Jacqueline zu mir. "So", meinte ich. "Jetzt führe Julie erst einmal über die Cavalettis. Sie soll dabei ihre Beine schön heben und nirgends anstoßen."

Ich folgte Frau Chevaliers Aufforderung und führte Julie im Schritt zu ihr. "Okay", nickte ich, "und wie kann ich dafür sorgen, dass sie die Beine hebt?" Ich dachte an den Springunterricht, den ich immer ziemlich sinnlos fand.

"Führe sie einfach langsam an die Stangen heran und zeige sie ihr", wies ich das Mädchen an. "Im Springunterricht seid ihr ja auch meistens gut drübergekommen, also kennt Julie das schon und weiß sicher auch, was sie zu tun hat." Ich ging ein Stückchen von den Stangen weg, damit Jacqueline und ihr Pony genug Platz hatten.

Diesmal vergaß ich zu nicken, sondern ging gleich eifrig, aber trotzdem konzentriert, auf die Stangen zu. Vor den Stangen hielt ich Julie mit dem "Halt"-Kommando, lobte sie und ließ den Strick etwas länger, damit sich Julie die Stangen ansehen konnte, wie Frau Chevalier meinte. Julie tat aber nichts dergleichen, sie stand einfach da. Oder war das schon ansehen?

"Schön gemacht", lobte ich die Schülerin, was bei mir echt selten vorkam. Doch mir gefiel es wirklich, wie Jacqueline mit ihrem Pony umging. Ich bekam es von den beiden wirklich selten zu sehen, dass sie so harmonisch miteinander arbeiteten. "Und jetzt führe sie hinüber. Siehst du ihre gespitzten Ohren? Jetzt ist Julie wirklich mit voller Konzentration dabei."

Erst sah ich Frau Chevalier etwas erstaunt an, dann fiel mir aber ein, dass sie wahrscheinlich das Pferd meinte und konzentrierte mich wieder auf das Selbe. "Ja", beantwortete ich allerdings Frau Chevaliers Frage und führte Julie mit dem Wort "Schritt" los. Die Stute folgte mir brav über die Stangen - ich ging daneben vorbei -, nur bei der ersten stieß sie an. "Halt", sagte ich nach der Überwindung der Reihe und strich Julie wieder über den Hals. Das machte irgendwie Spaß.

"Und jetzt gleich von dieser Seite wieder zurück", schlug ich vor. Julie machte ihre Sache ziemlich gut, fand ich.

Ich nickte eifrig und führte Julie auf "Schritt" los. Ich wendete sie in einer größeren Schleife und steuerte die Hindernisse an. Etwas zu schusselig, wie ich bald merkte. Julie fiel fast über die erste Stange. Ich wurde rot und stellte fest: "Ich war zu unkonzentriert." Ich führte die Stute am anderen Ende des Strickes gerade weiter auf die nächste Stange zu, die Julie auch noch touchierte. Ab der dritten klappte es wieder gut. Hinter den Stangen hielt ich Julie wieder mit "Halt" an und streichelte sie ausgiebig, als Entschuldigung für meine Schusseligkeit.

"So toll war das nun auch wieder nicht, dass du Julie dafür endlos loben musst", meinte ich. "Allerdings hast du Recht: Diesmal war es deine Schuld, dass sie gestolpert ist. Du musst konzentriert bei der Sache sein und Julie zeigen, was sie zu tun hat. Versuche es gleich noch einmal, diesmal mit mehr Genauigkeit deinerseits."

Ich wusste es, ich hatte etwas beim Thema Pferd loben falsch verstanden, aber jetzt blieb mir keine Zeit mehr, darüber nachzudenken. Ich ging konzentriert die Schleife, um Julie dann über alle Stangen zu dirigieren. Und es klappte auch ganz gut, da ich die Sache langsam anging. Nach der Reihe streichelte ich Julie vorsichtig.

"Sehr gut", kommentierte ich. "Nun etwas Neues." Ich veränderte die Abstände zwischen den Cavalettis, sodass sie zwischen allen Stangen unterschiedlich groß waren.

"Okay." Ich sah mir die Stangen genau an, bevor ich Julie konzentriert darüber führte. Irgendwie schien ich zu langsam zu sein, den die Abstände zwischen den Stangen schienen Julie Schwierigkeiten zu machen. Sie hielt vor zwei der Stangen jeweils an.

Mich wunderte es ein wenig, dass Julie zwischendurch stehen blieb. "Versuch's mal, indem du das Ganze zügiger angehst", schlug ich deshalb vor.