"Wenn Sie noch Zeit dafür haben, würde es mich schon sehr interessieren", erwiderte ich lächelnd. Ob meine Mitschüler noch Unterricht hatten? Bis jetzt hatte ich nicht viele Gesichter gesehen, außer eben die im Aufenthaltsraum. Und auch bei denen konnte ich nicht wissen, ob die in meiner Klasse waren. Oder sie sind reiten, schoss es mir durch den Kopf. Ob mir der Rektor auch die Ställe zeigen würde? Und natürlich mein Pflegepferd, auf das ich besonders gespannt war. Ich wusste ja noch nicht einmal, welches Pferd ich zugeteilt bekommen würde.

Erneut trottete ich neben dem Rektor den Gang entlang. Er zeigte mir verschiedene Räumlichkeiten und erklärte mir einiges. "Ist gut", antwortete ich und merkte mir alles bestmöglich. "Und wo sind die Klassenräume?", erkundigte ich mich interessiert.

Ich durfte auch einen kurzen Blick in mein neues Klassenzimmer werfen. Der Raum war leer, also hatten meine Mitschüler doch keinen Unterricht mehr. Ob die alle im Stall bei ihren Pferden waren? "Ja, ich möchte gerne auch das Stallgelände kennen lernen", erwiderte ich auf die Frage des Rektors. "Und natürlich mein Pflegepferd."

Interessiert schaute ich mich überall um. Das Gelände erschien mir ordentlich und sauber. Anders war es aber auch nicht zu erwarten gewesen, schließlich schickten meine Eltern ihre einzige Tochter nicht auf irgendeine Schule. Es musste schon die beste des Landes sein, ihrer Meinung nach. Endlich nahm ich dann das Halfter meines Plegepferdes entgegen. Oda hieß es also. Auf dem Weg nach draußen fragte ich vorsichtig: "Wie ist denn Oda so?"

Aufmerksam hörte ich seinen Ausführungen zu. Als er mir die Stute zeigte, fragte ich sogleich: "Ein Fjordpferd?" Die Falbin gefiel mir auf den ersten Blick sie sah auch wirklich süß aus. Und anscheinend war sie auch freundlich und lieb. Ich war direkt froh, so ein braves Pferd zugeteilt zu bekommen. Hoffentlich hatte mir Herr Meier nicht nur einfach die schlechten Seiten der Stute weggelassen und es gab sie doch.

Ich folgte Herrn Meier wortlos auf die Weide. Zögernd sah ich an mir hinunter. Meine Mutter würde ausflippen, wenn sie wüsste, dass ich mit dieser schönen Kleidung zum Pferd ging. Mir war das egal und da es Winter war, hatte ich zumindest wetterfeste Stiefel an. Langsam ging ich auf die Pferdegruppe zu, in derer Mitte Oda stand. Die Weide war ziemlich matschig und auch die Stute sah dementsperchend aus. "Oda", rief ich die Falbin sanft, doch kein einziges Pferd rührte sich von der Stelle. Deshalb setzte ich meinen Weg weiter fort und versuchte dabei, die tiesten Matschlöcher auszulassen.

Vorsichtig bahnte ich mir einen Weg zu meinem Pflegepferd durch. "Hallo Oda! Ich bin die Feli", säuselte ich leise auf die Stute ein. "Komm mal her." Sanft schnupperte sie an meinem Arm und ich kraulte sie leicht an ihrer Mähne. Nach einer kurzen Schmusestunde legte ich ihr das Halfter an und befestigte daran den Strick. Gehorsam folgte mir die Fjordstute in Richtung Ausgang. Suchend sah ich mich nach dem Rektor um. Ich hatte mich vorhin schon gefragt, was er auf der Weide wollte. Da fand ich jedoch mein neues Plegepferd spannender, jetzt aber wollte ich es genau wissen. Ich entdeckte Herrn Meier bei einem anderen Pferd. Ob das seines war?

Ich verließ die Weide und Herr Meier schloss hinter uns das Tor. Ich bedankte mich dafür höflich und folgte ihm mit meiner Stute zum Putzplatz. Ich kam mir dabei ziemlich beobachtet vor. Hoffentlich machte ich alles richtig. Am Putzplatz angekommen, band ich Oda dort fest und drehte mich zu Herrn Meier um. Ich fragte: "Wo finde ich das Putzzeug?"

In der Sattelkammer musste ich mich zuerst einmal orientieren. Wie jede andere auch wirkte sie auf dem ersten Blick ziemlich chaotisch, aber trotzdem hatte jedes Teil beim zweiten Hinsehen seinen ordentlichen Platz. Alles war gut leserlich beschriftet, sodass ich Odas Putzzeug relativ schnell fand. Ich schnappte es mir und ging zurück zum Putzplatz. Dort wartete Oda geduldig auf mich. Ich inspizierte zuallererst ihr Fell. Darin hatte sie ziemlich viel Dreck, zum Glück war der meiste schon trocken, sodass ich mit dem Striegel gut arbeiten konnte. Also fing ich auch damit an und bearbeitete vorischtig Odas Fell. Dass ich mir dabei meine neue Jacke ziemlich einsaute, ließ ich einfach mal außer Acht. "Wie oft ist hier eigentlich Reitstunde?", erkundigte ich mich interessiert beim Rektor.

Das war ja richtig viel, aber ich hatte bestimmt noch viel zu lernen in Sachen Reiten. "Unterrichten Sie auch?", erkundigte ich mich weiter, während ich mit dem Putzen fortfuhr. Den gröbsten Dreck hatte ich nun mit dem Striegel herausbekommen, sodass ich jetzt mit der Kardätsche das Fell bearbeitete. In kreisenden Bewegungen fing ich am Kopf von Oda an und strich die Kardätsche dann immer am Striegel ab. Die Stute stand ganz still da und rührte sich nicht vom Fleck. Ihr schien die ausgiebige Behandlung zu gefallen.

Physik und Informatik also. Mit Informatik hatte ich bisher nicht besonders viel zu tun, hoffentlich bekam ich deshalb nicht Probleme. Physik unterrichtete an meiner ehemaligen Schule ein ziemlich strenger Lehrer, weshalb wir da viel gemacht hatten und mit dem Stoff schon sehr weit gewesen waren. Ich wusste nun nicht, wie ich das Gespräch weiterführen sollte. Deshalb wechselte ich einfach das Thema und fragte aus Interesse: "Wie sieht denn hier der Tagesablauf generell aus?" Ich begann jetzt, die andere Seite von Oda zu putzen. An manchen Stellen war ihr Fell noch etwas feucht, was mir die Arbeit zusätzlich erschwerte. Trotzdem gab ich mein Bestes, die Stute so sauber wie möglich zu bekommen.

Natürlich würde ich immer pünktlich sein, das versprach ich Herrn Meier gedanklich. "Also kann ich, wenn ich möchte, morgens Oda selbst auf die Weide bringen?", vergewisserte ich mich schnell. "Wann ist denn im Stall Nachtruhe?" Ich wollte alles genau wissen, um auf keinen Fall irgendwelche Fehler zu begehen. Ich klopfte nun den Striegel ein letztes Mal kräftig am Boden aus, bevor ich diesen und die Kardätsche beiseite legte und zur Wurzelbürste grif. Mit dieser bürstete ich die Beine von innen und außen kräftig ab und entfernte alle Verklebungen. Besonderes Augenmerk legte ich auf Fesselbeugen und Sprunggelenke und achtete penibel darauf, dass ich keinen Dreck zurückließ.

Bald waren alle vier Beine gereinigt, sodass ich beim Kopf weitermachen konnte. Als Herr Meier mich fragte, ob ich noch reiten wollte, hielt ich kurz inne. Skeptisch sah ich an mir herunter. Zögernd meinte ich: "Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich schon reiten darf. Meine Kleidung ist dafür nicht wirklich geeignet und meine Reitsachen sind oben im Zimmer in meiner Tasche." Ich löste Odas Halter und hängte es ihr um den Hals, sodass es mich nicht störte, aber die Stute nicht davonlaufen konnte. Vorsichtig strich ich mit der Kardätsche über das Fell am Kopf, wobei ich Nüstern und Augen natürlich ausließ.