"Es ist jedenfalls schön, wenn man das zu jemanden sagen kann", meinte ich. Mich beschäftigte noch immer der Blick der Kellnerin. Das war irgendwie so, als würe etwas mit ihrer Bestellung nicht stimmen. Aber wenn Jacqueline was anderes bekommen hatte, als sie wolle, hätte sie sich doch beschwert? Ich wurde daraus einfach nicht schlau.

"Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, ein Leben ohne Freundin zu leben", sagte Jerome an Mandy gewandt, "was machst du immer den ganzen Tag so ganz ohne Freund?"

"Man braucht ja nicht zwangsläufig einen Freund, um seinen Hobbys nachzugehen", meinte ich verwirrt. "Unter der Woche sind die Tage meist eh mit Schule und Hausaufgaben komplett ausgefüllt. Falls da noch eine Lücke bleibt, beschäftige ich mich natürlich mit einem Pflegepferd. Ansonsten lese ich gerne, chatte oder unternehme was mit den anderen Mädels aus meiner Klasse."

"So wie heute mit Jacqueline?", grinste Jerome, "und das mit dem Schulstress hab ich schon von Jacqueline gehört. Ist ja heftig."

"Ich bin ja nur zufällig auf euch gestoßen, eigentlich war ich alleine unterwegs", antwortete ich. "Ich hoffe, ich störe nicht?" Ich schaute kurz zu Jacqueline rüber, die schon längere Zeit nichts mehr gesagt hatte. "Und zum Schulstress", fuhr ich wieder an Jerome gewandt fort. "Es ist zwar viel zu tun, ja, aber von nichts kommt halt nun mal auch nichts."

"Nein", meinte ich erschrocken, als mich Mandy ansah, "Ich hoffe, wir stören dich nicht." "Na hallo", meinte Jerome lächelnd, "ich hab sie schließlich eingeladen."

"Ich freue mich immer auf Gesellschaft, wo man dann nett plaudern kann", fügte ich hinzu. "Was machst du denn so in deiner Freizeit?", fragte ich gleich darauf Jerome. Dazwischen trank ich immer weieder an meinem Orangensaft, das Glas war mittlerweile nur noch halb voll.

"Oh, ich." Jerome lächelte und legte den Arm noch weiter um meine Schulter. "In letzter Zeit viel mit meiner Jacqueline. Ist ja klar." Auf einmal ließ er mich ganz los und sah Mandy direkt an. "Aber ich hab noch Zeit für andere Sachen. Ich chill gerne, gehe gerne ins Solarium und so. Und treff mich oft mit Freunden. Jacqueline kennt ja auch schon ein paar von ihnen." Endlich lächelte Jerome mir wieder zu, fasste mich aber nicht mehr an.

Erst jetzt bemerkte ich, dass Jerome braun gebrannt war. Das kam also von seinen Solariumsbesuchen. "Zu viel Solarium ist ja nicht so gut", merkte ich an. "Da bin ich lieber blass." Ich hatte eine ziemlich empflindliche Haut, was die Sonne anging. Deshalb musste ich immer eine dicke Schicht Sonnencreme auftragen, wennn es Sommer wurde. Sonst wurde ich nur krebsrot.

"Joa", meinte Jerome lässig, "deswegen ist es ja erst ab 18. Und ich gehe auch gerne ins Fitnessstudio." Ich lächelte und meinte zu Mandy: "Deswegen sieht er ja auch so toll aus." Jerome lächelte mich an und meinte: "Du aber auch." Wieder gab es ein Küsschen auf die Wange. Unsere beiden Drinks waren mittlerweilen leer, Mandys war noch nicht ganz leer.

Meiner Meinung nach kam wahre Schönheit von innen, das sagte ich allerdings nicht laut. Ich fand Jerome eigentlich ganz nett, auch wenn er etwas oberflächlich wirkte. Zumindest schien er sehr auf äußere Merkmale zu achten. Ich trank mein Glas ganz aus, während meine beiden Gesprächspartner wieder einmal mit sich beschäftigt waren.

Sobald Jerome merkte, dass auch Mandys Glas leer war, fragte er gleich nach: "Darf ich euch auf noch was einladen? Ich habe auch einige gute Tipps." Jerome lächelte Mandy an.

"Wenn du mir etwas Gutes vorschlagen kannst, nehm ich gerne noch etwas", meinte ich ebenfalls leicht lächlend. "Aber das zahle ich dann selbst", fügte ich fest hinzu.

Jerome zeigte auf etwas leicht Alkoholisches, das Selbe, was ich gehabt hatte. Er pries den Geschmack des Getränkes an.

(Endlich, Mandy in Aktion :D)

Argwöhnisch blickte ich zu Jacqueline hinüber. Ich wusste genau, dass sie vorher das Getränk hatte, das Jerome jetzt mir vorschlug. Es war irgendwas mit einem Fruchtlikör. "Ach ja? Du trinkst also keinen Alkohol mehr?", wandte ich mich an meine Mitschülerin und betonte die Ironie in meinen Worten. Dann sagte ich zu Jerome: "Gut, dass du weißt, dass man erst mit 18 ins Solarium darf. Alkohol ist übrigens erst ab 16 erlaubt. Aber das scheint ja sogar der Kellnerin egal zu sein." Ich holte tief Luft und wartete kurz ab. Bei diesem Thema brachte man mich einfach immer so schnell zum Explodieren.

(Joa! SCHLACHTFELD! *muhahaha* xD)

Richtig beschützend legte Jerome den Arm um mich und zog mich sogar ein bisschen zu sich hin. "Wir reden hier ja nicht von trinken, Mann", erklärte er dann. Ich fand es so süß, wie er mich verteidigte und dabei noch nicht mal ausrastete. "Da ist echt fast nichts an Alkohol drin. Du kannst schon wieder chillen." Nun lächelte er sogar. Ich fand das Lächeln so nett, dass ich ihm dafür als Dankeschön einfach einen Kuss auf die Wange geben musste. Er streichelte mir über die Schulter, auf der seine Hand lag. "Alles klar, Babe?", fragte er liebevoll. "Klar." Meine Antwort war leise und liebevoll.

"Was machst du denn sonst damit, wenn nicht trinken", redete ich aufbrausend weiter. Seine coole Art machte mich rasend. "Und da ist nicht wenig Alkohol drinnen, nur weil man es nicht schmeckt. Das ist ja der Trick dabei. Übrigens dürfen Unter-16-Jährige gar keinen Alkohol trinken, also auch nicht wenig." Ich war richtig wütend. Die beiden hatten mich ja komplett vearscht und von Jacqueline war ich richtig enttäuscht. Da hatte sie mir scheinheilig erklärt, dass sie keinen Alkohol mehr anrühren würde. Dabei trank sie wohl fast jeden Tag mit Jerome. Ich war davon überzeugt, dass das hier keine Ausnahme war. "Nichts ist klar", warf ich nun Jacqueline entgegen. "Gar nichts. Soll ich schon mal die Kellnerin fragen, warum sie so etwas an Minderjährige ausschenkt?"

"Zwischen trinken und trinken ist ja ein Unterschied", meinte Jerome freundlich, "sie besäuft sich ja hier nicht, dass sie in der Ecke rumliegt. Ich pass schon auf auf meine Jacqueline." Ich war froh, so einen Beschützer an meiner Seite zu haben. Ich brauchte nichts zu sagen. Mir selbst wäre nicht eingefallen, was man auf so etwas sagen kann. Ich hatte auch ein bisschen Angst, dass ein Streit eskaliert, aber ich versuchte mich nur auf Jerome zu konzentrieren, der mich weiterhin streichelte. Das tat einfach gut. "Und das hier ist keine Disco, in der man so rumschreien kann", fügte Jerome nach einer kurzen Pause im selben Tonfall hinzu. So ein netter Kerl!

"Wie du auf sie aufpasst, seh ich", fuhr ich weiter fort, immer noch wütend. "Willst du mir etwa sagen, dass man sich ab 18 dann ins Koma saufen darf? So könnte man dein Gerede jedenfalls deutschen. Und trotzdem: kein Alkohol heißt kein Alkohol - egal, wie du es drehst und wendest." Ich stand schwungvoll auf, irgendwie musste ich mich abreagieren. "Wir sind in einem anständigen Lokal, ich weiß", fügte ich noch hinzu. "Obwohl mir die Kellnerin hier nicht sehr seriös scheint." Gerne hätte ich noch etwas Zynisches hinzugefügt, aber dafür war mir das Thema eindeutig zu ernst. Damit war mit mir echt nicht zu spaßen. Vielleicht übertrieb ich ja auch, aber das sah ich eindeutig nicht ein.

"Ins Koma saufen ist nie gut", erklärte Jerome ernst, "es hätte auch gereicht, wenn du gesagt hättest, du trinkst keinen Alkohol und gut wär, oder wo ist das Problem?" "Bitte, Mandy, setz dich doch wieder", meinte ich nun vorsichtig, immer noch an Jeromes Schulter lehnend.

"Dann hat dir Jacqueline wohl nicht von ihrem "Ausrutscher" erzählt?", schlussfolgerte ich messerscharf. "Ich finde es übrigens nicht gut und vor allem feige, wenn man wegschaut, wenn etwas Verbotes getan wird." Zu Jacqueline sagte ich: "Nein, ich setze mich nicht. Ich geh jetzt erst mal zur Kellnerin und schau, ob die meine Ansicht besser versteht. Ich glaube nämlich nicht, dass sie das Ordnungsamt im Haus haben möchte." Bevor es soweit kam, wartete ich allerdings noch auf eine Antwort von Jerome. Allerdings würde die ewige Diskutiererei eh nichts bringen. Der vertrat seine Meinung und Punkt.

(Spielst du dann die Kellnerin? :D)

"Mann, ein Ausrutscher", meinte Jerome, obwohl ich genau wusste, dass er keine Ahnung hatte, "jeder macht mal Fehler. Du sicher auch." Ich schmiegte mich an Jerome. Eins musste ich zugeben: Mich störte der Streit zwar, aber solch eine Nähe hatte ich mit Jerome überhaupt noch nie genossen, zumindest schon lange nicht mehr.

(Ja.)

Ich rauschte davon, ohne auf ihn einzugehen. Es hatte wenig Sinn, wenn ich so aufgebracht war. Es würde sicher mehr bringen, wenn ich ruhig geblieben wäre. Bei diesem Thema bei mir fast unmöglich. "Wer schreit, ist im Unrecht", besagt ein Sprichwort so schön. Also bemühte ich mich, wenigstens der Kellnerin gegenüber ruhig und fest zu wirken. "Entschuldigung bitte?", machte ich an der Theke auf mich aufmerksam, wo die Frau gerade mit ein paar leeren Gläsern und Tassen beschäftigt war.

"Guten Tag", grüßte die Kellnerin, "Bitte."

Währenddessen genossen Jerome und ich schweigend die Nähe des jeweils anderen.

"Es geht um meine Freundin, der sie vorhin diesen einen Drink da gebracht haben", begann ich langsam. "Sie wissen schon, dass sie erst 15 ist?" Gespannt wartete ich ab, was jetzt kam.

(Hat Jacqueline nicht Angst, dass Mandy sie danach bei Herrn Meier verpfeift?)