"Das ging ja flott", meinte ich lächelnd. Anscheinend hatte sie in der kurzen Zeit ja doch schon einiges gelernt. "Okay", fügte ich hinzu. "Dann bring ich dein Putzzeug aber weg." Ich hob meine Sachen auf und griff nach Jacquelines.

"Danke." Ich nickte und griff nach dem Besen. Ordentlich fing ich an, alles nötige zu reinigen.

Als ich zurückkam, war Jacqueline schon fertig. "Na dann mal los", sagte ich begeistert und löste den Knoten an Wildroses Strick. "Ich freue mich schon darauf, ein paar schöne Plätze kennenzulernen."

Ich verstaute den Besen ordnungsgemäß und band Julie los. Ob ich wollte oder nicht, ich musste wohl vorausgehen. Ich führte das Pflegepferd von mir also los.

Ich ging mit Wildrose neben Jacqueline her. Wir überquerten erst einmal den Hof. Gespannt schaute ich mich um. Wo wir wohl hingehen würden? Wildrose benahm sich ausnahmweise mal ruhig und wollte nicht gleich losstürmen. Ich erinnerte mich an den ersten Ritt mit ihr zurück, als ich mit dem Boden Bekanntschaft machen durfte. Eine leichte Röte stieg mir ins Gesicht, das glaubte ich zumindest.

Ich versuchte so zu tun, als kenne ich mich hier überall gut aus und ging zielsicher vom Hof. Dahinter folgte ein Feldweg, von dem mir Monique erzählt hatte. Meine Mitschülerin ritt wohl gerne aus.

(Du wirst wohl mal spazieren gegangen sein oder so? :D)

Zügig ging ich neben Jacqueline her. Wildrose hatte ich momentan gut unter Kontrolle, sodass ich ein Gespräch anfangen konnte. "Wie war eigentlich deine erste Reitstunde?", fragte ich das Mädchen neben mir. Für Jacqueline war diese sicher nicht einfach gewesen. Ich dachte an meine ersten Reitversuche zurück.

(Nein, nur joggen, höchstens. Ansonsten skaten. xD)

Ich überlegte fieberhaft, was ich nun sagen sollte. Die Wahrheit? Ich entschied mich dafür. "Langweilig", meinte ich fest. Danach überlegte ich, ob das nun die richtige Antwort war.

"Langweilig?", fragte ich erstaunt zurück. "Also soweit ich mich erinnern kann, war meine ziemlich anstrengend und turbulent. Und danach hatte ich mindestens eine Woche Muskelkater." Ich grinste leicht. Ganz so schlimm war's eigentlich nicht, aber fast. Mein erster Reitlehrer stellte sich nämlich als absolut untalentiert heraus und irgendwann wechselte ich sogar den Stall.

"Ich hatte eigentlich keinen Muskelkater", meinte ich, "ich musste so komische Übungen machen. Wie war deine erste Reitstunde?"

"Komische Übungen waren bei mir eigentlich nicht dabei", erzählte ich munter weiter. "Ich durfte mir nur mehr oder weniger sinnlose Kommentare anhören. Alles war falsch, was ich machte. Aber wie ich's anders hätte machen sollen, sagte mir auch keiner. Und dann gleich traben. Das war echt sehr anstrengend."

"Nein, bei mir war eig. nicht alles falsch", entgegnete ich und überlegte schon, wie ich das Thema wechseln konnte.

"Bist sicher ein Naturtalent", erwiderte ich lächelnd. Als wir an einer Kreuzung ankamen, wechselte ich das Thema: "Wo geht's jetzt lang? Gibt's hier eigentlich auch einen Strand, den Reiter benützen dürfen? Immerhin sind wir hier auf einer Insel, aber vielleicht wollen die Touristen ja kein Stück hergeben."

"Ich glaube, dass es einen Strand gibt", stotterte ich. Was nun? Ich wurde rot.

"Kann es sein, dass du auch noch nicht so lange hier bist?", erkundigte ich mich. "Oder warst du noch nie hier unterwegs?" Zweiteres würde mich schon sehr wundern. Was hätte Jacqueline sonst den ganzen Tag gemacht? Klar, es gab viel für die Schule zu tun, aber trotzdem. Mit guter Einteilung hatte man immer irgendwie ein bisschen Freizeit. Ich musste es ja wissen.

"Ich bin seit Anfang des heurigen Schuljahres hier", meinte ich und ging möglichst zielsicher den Waldweg entlang. Hoffentlich verirrten wir uns nicht.

"Wo gehen wir also hin?", fragte ich etwas argwöhnisch, als wir einen Waldweg entlangspazierten. Wenigstens war dieser ausgeschildert, ich konnte mich aber nicht mehr an den Schriftzug erinnern. Mir kam diese Jacqueline schon ein wenig seltsam vor. Warum sagte sie es einfch nicht, wenn sie sich noch nicht so gut hier auskannte? Vorsichtshaber prägte ich mir den Rückweg gut ein, damit wir wenigstens zum Reitinternat zurückfanden. Glücklicherweise war mein Orientierungssinn gut geschult.

"Einen Spazierweg", meinte ich schüchtern. Hoffentlich merkte Mandy nicht, dass ich mich hier nicht auskannte. Sie erwartete sicher, dass ich immer mit meiner Pflegestute spazieren gehe. Ich hoffte, dass Mandy mich nicht beim Flunkern erwischt, denn ich wollte sie nicht verlieren.

"Na hoffentlich sind dann Pferde hier überhaupt erlaubt", erwiderte ich und brachte ein gezwungenes Lächeln hervor. Inzwischen war ich mir sicher, dass Jacqueline nicht viel mehr Ahnung von diesem Gelände als ich hatte. Auf meine Menschenkenntnis war normalerweise immer Verlass. Da es jetzt länger geradeaus ging, wechselte ich das Thema und fragte interessiert: "Was machst du denn sonst so in deiner Freizeit, wenn du nicht bei Julie bist?"

"Klar sind da Pferde erlaubt", entgegnete ich, "ist hier überall so." Das wusste ich auch wirklich, weil ich auf den untypischen Reitwegen oft unterwegs bin und sogar dort kommen einem Pferde entgegen. "Ich mache Sport", erklärte ich nun, "Inlineskaten und so."

"So pferdefreundlich sind die? Das kenne ich sonst gar nicht", meinte ich. Dann führte ich das neu begonnene Gespräch weiter: "Sport mag ich auch sehr gerne. Inliner habe ich allerdings nicht. Am liebsten tanze ich. Ich fänd's ja cool, wenn wir das im Sportunterricht machen könnten. Was meinst du ... Ob ich Herrn Whert deswegen mal fragen sollte?"

Ich ging auf die Sache mit den Pferden nicht mehr ein. Mandy wird schon selbst noch merken, dass hier Pferde wichtiger sind als Menschen. "Klar", meinte ich begeistert, "er sagt sicher ja." Nun wurde der Weg breiter.

Bevor ich Jacqueline antworten konnte, machte sich plötzlich Wildrose bemerkbar. Sie wurde schneller und zog am Strick. "Hey, langsam", ermahnte ich sie und fügte leicht fragend hinzu: "Hier ist wohl eine beliebte Trab- oder Galoppstrecke?" Dabei sprach ich mehr zu mir selbst als zu Jacqueline. Die würde das wohl sowieso nicht wisssen. Wildrose ließ sich nur schwer einen Gang zurückschalten, aber nach einer Weile bekam ich sie dann doch in den Griff. "Tanzt du auch gerne?", erkundigte ich mich interessiert bei Jacqueline.

"Ich kann es einfach nicht", erklärte ich, "Das Tanzen. Also es geht so. Ich skate lieber. Oder fahre Rad oder so was."

"Tanzen kann man lernen, wie eigentlich alles", erwiderte ich. "Wenn man will", ergänzte ich noch etwas leiser.