Wir hatten in einem Stau gestanden, so kamen wir erst um eins auf das Internatsgelände an. Super, dachte ich mir. Das macht bestimmt einen guten Eindruck. Schnell verabschiedete ich mich von meinen Eltern und ging, meine Sachen schleppend, ins Hauptgebäude. Dort musste ich erstmal eine Weile suchen, bis ich das Direktionszimmer fand. 13:10 Uhr. Ich klopfte mit hochrotem Kopf an.

Mit gesenktem Kopf trat ich in den Raum. Irgendwie gefiel es mir hier nicht. "Guten Tag!", grüßte ich etwas schüchtern. "Tut mir Leid, dass ich nicht pünktlich sein konnte. Es gab einen Stau und ..." Ich brach ab. Irgendwie kam ich mir total blamiert vor. Warum sollte ich ihm auf die Nase binden, dass ich mich her dreimal verlaufen hatte?

"Äh ... nein", antwortete ich, besann mich dann und sah auf. Außerdem streckte ich ihm höflicherweise die Hand entgegen. Immerhin war ich gut erzogen worden und wollte nicht am ersten Tag schon als unhöflich abgestempelt werden.

Der Typ scheint ganz okay zu sein, überlegte ich mir im Stillen. "Danke", sagte ich und setzte mich ihm gegenüber an den Schreibtisch. Was jetzt wohl kam?

Ich nahm die Unterlagen entgegen und blätterte ein bisschen darin herum. Dann sagte ich: "Okay, das kann ich später noch genauer anschauen. Schließlich haben Sie sich ja jetzt für mich Zeit genommen, um mir alles zu zeigen." Ich stand auf und legte die Broschüren zu meinem Gepäck. "Kann ich das zuerst mal auf mein Zimmer bringen?", fragte ich und deutete auf meine Koffer.

(Haha. :D Du bist zu lieb zu mir.)

Schnell nahm ich den Rest, den Beutel mit den Reit- und Malsachen und die Bücher. "Danke", sagte ich zu dem Direktor und ich folgte ihm zu den Zimmern. Vorerst würde ich dort wohl alleine hausen, was mir auch besser gefiel. Wie die andere, Jenny, wohl sein würde?

"Einfach aufs Bett, danke", antwortete ich. "Ich werde dann später auspacken." Insgeheim hoffte ich nämlich, dass wir bald zu meinem Pflegepferd Sunshine kommen würden. Das andere interessierte mich ja gar nicht so.

"Und die Stallungen?", rutsche es mir neugierig raus.

Ein wirklich sympathischer Lehrer, dachte ich mir und folgte ihm. Die Einrichtung gefiel mir eigentlich recht gut, hier konnte man sich bestimmt wohlfühlen. Aber immer wieder sah ich fragend zu den Stallungen rüber. Wie Sunshine wohl aussah und was sie für einen Charakter hatte? Das ich Sunshine bekommen würde, das wurde mir schon vorher mitgeteilt.

Das Gebäude war viel zu groß und mochte mir nicht gefallen. Es fühlte sich kühl an und roch so neu. Wann kamen wir denn endlich in den Stall? Ich hatte wirklich Mühe und war zum Glück auch zu schüchtern, einen Kommentar von mir zu geben. Stattdessen fragte ich scheinbar interessiert: "Wo ist mein Klassenzimmer? Und welche Fächer unterrichten Sie eigentlich?"

Einen netten Lehrer in Physik, das konnte ich gebrauchen. Den von diesem Gegenstand hatte ich absolut null Ahnung. In meiner alten Schule hatten wir einen Lehrer, der konnte einfach nicht erklären. Und bei Tests konnte ich immer von anderen abschreiben, der merkte sowieso nichts. Deshalb hatte ich bisher immer eine 2, obwohl ich fachlich absolut nichts wusste. Hoffentlich fällt das hier nicht auf. Und Informatik? Das hatte ich an meiner anderen Schule überhaupt nicht. Dadurch wurde ich leicht verunsichert. Ich musste mich auf andere Gedanken bringen. Aber das Schulgebäude musste doch irgendwo auch sein Ende haben?

"Ich freue mich schon sehr auf Sunshine, obwohl oder gerade weil ich noch nichts von ihr weiß", erwiderte ich und war froh, dass das Gebäude auch hier einen Ausgang hatte. Schnell waren meine Gedanken über meine alte Schule verflogen und wegen Informatik, das stand ja auch nicht auf meinem Zeugnis. So weiß der Direktor auch, dass ich das Fach nicht hatte. Im Stall atmete ich erstmal tief den Geruch nach Pferden und Heu ein. Auf Dreamdancer wirkte es viel gemütlicher als in meinem vorigem Stall. Ich ritt zuvor in einer großen Reitschule, wo alles so unpersönlich wirkte.