Wieder mal gönnte ich meiner Stute und mir einen Ausritt. Zuvor wurde Bersi aber gründlich geputzt.

Ich verließ den Hof mit der fertigen Bersi. Ich hatte gute Laune. Auch ein Lehrer mag Feiertage. Am Weg angekommen, gurtete ich nach und stieg auf. Ich ritt Richtung See.

Als ich dem See näher kam, wurde Bersi schneller. "Na das ist mal was!", sagte ich erstaunt, "du freiwillig mal schneller als ich erwarte?" Ich ahnte, dass das an einem anderen Pferd liegen muss. Und richtig: Am See war Goldenland am Anbindebalken, der extra für Pferde gemacht war, angebunden und auf einer Wiese gleich in der Nähe saß Nina. Ich stieg von Bersi, ich wollte nämlich mal was essen und Bersi sollte auch was zu trinken bekommen. Ich stieg ab und zäumte Bersi ab, worauf ich sie anband. Ich gab Bersi mitgebrachtes Wasser, dann nahm ich meinen Proviant aus den Satteltaschen und ging ebenfalls auf die Wiese, wo Nina saß. "Tag", grüßte ich meine Schülerin im normalen, höflichen Tonfall.

"Darf ich mich setzen?", fragte ich Nina, "oder soll ich mich rübersetzen?" Ich deutete auf die Bank, wo ich sonst immer saß.

"Danke." Ich sah Nina an. Dann setzte ich mich ins Gras. War auch ganz bequem, zumindest um diese Jahreszeit.

Ich beobachtete Nina. Sie schien angestrengt nachzudenken. "Denkst du über etwas nach?", fragte ich sie.

"Kann ich dir helfen?", fragte ich nach.

"Ach ja", nickte ich, "sagtest du ja gestern schon. Wir sind wohl irgendwie vom Thema abgekommen."

Als ich sah, dass Nina schon fast weinte, wurde ich selbst ganz traurig. Ninas Leben ist wohl nicht das einfachste. "Wo sind sie jetzt?", fragte ich Nina.

"Haben sie es dir nicht erzählt?", fragte ich nach.

Ich fühlte mich etwas überfordert in dieser Situation und reichte Nina deshalb erst mal ein Taschentuch. Früher war so eine Situation für mich alltäglich, schließlich kamen ständig irgendwelche Kinder und Jugendliche mit Problemen zu mir. Aber jetzt? Und früher hätte ich Nina einfach in den Arm genommen. Aber das ist wohl nicht OK.

Danke? Hatte sich Nina wirklich bedankt? Normalerweise ist es als Lehrer ja so, dass man ständig macht und macht und ein Dank kommt nie. "Bitte, gerne", sagte ich etwas weicher als sonst.

"Das Halfter von Goldenland ist neu", stellte ich fest, als ich Ninas Blick folgte, "nicht von deinen Eltern?"