Am Freitag hatte mich Frau Ring gleich damit überfallen, dass sie, Nina und ich sich mal zusammensetzen sollten. Ich hatte es zuerst abgelehnt, weil ich mich einfach nicht mehr an der Nase herumführen lassen wollte. Aber Frau Ring meinte, ich sollte es doch drauf ankommen lassen und ihr vertrauen. Das tat ich eigentlich, war sie doch einer meiner Lieblingskollegen. Also verabredeten wir uns am Montag am Abend pünktlich um 19:00 Uhr in einem ruhigen Eckchen in der Aula. Da stand ein Tisch mit vier Stühlen. Ich war natürlich pünktlich da. Um 18:55 Uhr saß ich schon dort und verzehrte eine Leberkäsesemmel. Lecker und macht gute Laune. Frau Ring wollte auch kommen. Und Nina. Ob die wohl pünktlich ist, mit ihrer unhöflichen Art? Naja, Alexandra hat gesagt, ich solle mich drauf einlassen, wenn sie schon meint. Nina soll aber nicht glauben, dass ich sie jetzt wie Fallobst behandele.

Ich schluckte den Bissen runter und meinte normal: "Guten Abend." Dann aß ich meine Semmel fertig. Pünktlich um sieben kam Frau Ring und setzte sich auf die rechte Seite von mir. Nina saß gegenüber von mir, der Stuhl links von mir blieb natürlich leer. "Hallo ihr beiden", sagte Frau Ring lächelnd.

Ich wischte noch schnell meinen Mund mit einer mitgebrachten Serviette ab und warf sie in den nebenstehenden Mülleimer. "Dann können wir ja anfangen", meinte Frau Ring, "zuerst würde ich mal folgendes sagen: Wir machen mal eine Liste, wo jeder seine Wünsche draufschreibt." Sie rollte ein leeres Plakat aus und gab Nina und mir je einen Stift. "Diese Neupädagogen", dachte ich etwas verächtlich, "immer wieder das Gleiche mit denen."

(So was hatten wir mal in meiner alten Schule bei einem Mobbingfall... Bescheuert, was?)

(Ich weiß es nicht mehr, war vor 6 Jahren...)

"Einfach, was ihr euch nur mal für das Gespräch wünscht, vom anderen", erläuterte Frau Ring. Ich schrieb energisch:
"
Offenheit
verbale Antworten
". Dann lehnte ich mich genussvoll zurück und dachte an Bersi.

"Fällt euch noch was ein?", fragte Frau Ring, "aber ihr könnt es auch jederzeit gerne ergänzen, auch während des Gespräches."
Da schrieb ich noch:
"
keine Widersprüchlichkeiten
".

Ich schrieb noch:
"
Höflichkeit
", dann war auch ich fertig. "An die Wünsche des jeweilig anderen hat sich jeder zu halten", sagte Frau Ring.

"Gut", sagte ich ruhig. Innerlich war ich etwas knurrig, aber egal. Es war nun mal meine Schülerin, da konnte man ja wohl nicht zu einem Gespräch nein sagen, schließlich mochte ich sie allesamt. "Und nun", sagte Frau Ring, "zum eigentlichen Thema."

"Nun denn", fuhr Frau Ring fort, "Nina, bitte sag mal, was der Grund ist." Ich sah aus den Augenwinkeln, wie Frau Ring Nina aufmunternd zulächelte.

Frau Ring behielt den Blickkontakt zu Nina. Der Blick sollte wohl heißen: "Sprich weiter, ich bin da für dich." Ich wartete.

"Das habe ich dir ja am Donnerstag im Stall erklärt", sagte ich ruhig.

"Die Frage ist ja das WARUM?", fragte ich in normalen Tonfall, "ich habe dir alles erklärt, nun ist es an der Zeit, dass du auspackst."

"Sag's einfach", meinte Frau Ring ruhig und leise.

"Was soll das heißen?", fragte ich und fügte dann etwas schärfer hinzu: "Ich will heute nicht mehr im Kreis diskutieren." Alexandra sah mich warnend an.