"Na ja", überlegte ich, "Wir haben uns doch täglich gesehen und hätten uns doch auch sonst näher kennen gelernt."

"Möglich. Aber wer weiß, ob es dann trotzdem dazu gekommen wäre. Wir werden es nie erfahren", meinte ich.

"Wir sind einfach für einander bestimmt", lächelte ich, "Auch, wenn ich nicht ganz so peinlich wäre."

"Aber in nicht ganz so peinlich wärst du doch nicht du", grinste ich Jacqueline an.

"Ach Sam", seufzte ich, "Mach dich nur lustig."

"Ich mag das an dir", sagte ich nun sanft, "Es ist sympathisch, witzig und süß, dass bei dir nicht immer alles perfekt läuft"

Peinlich berührt schwieg ich wieder. So viele nette Worte hatte schon lange niemand für mich gefunden.

"Ich mag einfach das Gesamtpaket Jacqueline. Mit allen Ecken und Kanten und Macken. Natürlich führt das manchmal dazu, dass wir uns streiten. Aber wenn du nicht mehr so wärst, wie du bist, wärst du auch nicht mehr du", sprach ich weiter.

"Hm", meinte ich nachdenklich, "aber man muss sich ja schon verändern und sich anpassen."

"Aber das tut man ja generell bei anderen Menschen immer etwas", überlegte ich, "Ich hoffe zumindest, du musst dich nicht komplett verändern, wenn du mit mir zusammen bist. Aber ja man verändert sich durch den anderen. Ich glaube aber, wenn überhaupt haben wir uns beide nur zum positiven verändert." Ich lächelte Jacqueline an.

"Das hoffe ich doch stark." Ich versuchte das Lächeln zu erwidern. Kurz dachte ich nach, dann meinte ich: "Weißt du, es ist schwer, die Waage zwischen dem anderen gefallen und sich selbst nicht aufgeben zu finden."

"Bei welchem Punkt genau hast du das Gefühl, dass es dir schwer fällt?", fragte ich neugierig und gleichzeitig auch besorgt. Die Pferde und das Reiten fielen mir ein, aber ich hatte das Gefühl, dass Jacqueline zumindest ein bisschen Spaß und Freude daran hatte. Oder?

"So richtig verstellen muss ich mich nicht", erwiderte ich lächelnd, "Aber man nimmt logischerweise Rücksicht auf den anderen. Und wie ist es bei dir?"

"So geht es mir auch", stimmte ich zu, "Ich habe nicht einmal das Gefühl, als müsste ich viel Rücksicht auf dich nehmen. Rational betrachtet tue ich das vielleicht schon. Aber ich glaube, ich bin derjenige, der dich eher zu Dingen bringt, die du ohne mich eher nicht machen würdest. Dieser Ausritt hier zum Beispiel." Ich lächelte, dann schlug dieses in ein Grinsen um: "Und nachdem du jetzt so mutig geworden bist, gehen wir nächstes Jahr den Bungeesprung an"

Ich versuchte zu lächeln und meinte: "Erstmal tut es das Ausreiten völlig."

"Das ist zumindest kein Nein", lachte ich, "Traben?"

"OK", stimmte ich zu und nahm die Zügel auf.

Auch ich nahm die Zügel auf, was Gizella dazu veranlasste etwas schneller vorwärts zu gehen. Ich verlangsamte die Stute wieder, dann erst gab ich das Zeichen zum Traben sowohl für Gizella als auch für Jacqueline.

Julie trabte nicht gleich an, aber als Gizella ein Stück weiter vorne war, stob die Stute im schnellen Trab hinterher. Erst war ich entwas angespannt, aber ich vertraute meiner Pflegestute, die tatsächlich keine Anstalten machte, das größere Pferd vor sich zu überholen.

Gizella hatte sofort ein passendes Tempo angeschlagen. Gemütlich trabte sie dahin. Als ich nach hinten blickte und sah, dass Jacqueline und Julie etwas Abstand hatten, überlegte ich, sie zu verlangsamen, aber die beiden holten bald auf. Ich schaute wieder nach vorne und konzentrierte mich voll auf den Weg und Gizella

Als beide Pferde ruhig dahintrabten, stellte ich fest: "Rennpferd wird aus Julie wohl nie eines."

Ich lachte: "Nein, aber ich glaub den Anspruch hat Julie an sich selbst auch gar nicht"

"Ich hab ihn auch nicht an sie", erwiderte ich lächelnd, "Ich bin froh, dass sie mir zugeteilt wurde."

"Ich mochte Gizella vom ersten Augenblick an", erzählte ich.

"Ich kann's mir bildlich vorstellen", grinste ich.